Neuss. (JR) Saisonstart in der DEL – alles wie gehabt, die Importspieler dominieren, junge Deutsche Spieler finden sich überwiegend auf der Tribüne oder in... „Die Drittelpause“: Saisonstart in der DEL – Importspieler dominieren, junge Deutsche Spieler finden sich überwiegend auf der Tribüne oder in der DEL2 wieder

Nino Kinder absolviert seine zweite Saison in Bremerhaven, Eiszeit am Wochenende Ø10:17 Min. – © Sportfoto-Sale (JB)

Neuss. (JR) Saisonstart in der DEL – alles wie gehabt, die Importspieler dominieren, junge Deutsche Spieler finden sich überwiegend auf der Tribüne oder in der DEL2 wieder. Ein Blick auf die jungen Spieler zu Beginn der Spielzeit 2022/2023:

Die Saison in der DEL ist erfolgreich gestartet, viele Ergebnisse überraschten Fans und Experten gleichermaßen. Die Zuschauerzahlen waren für den Saisonstart ganz in Ordnung, Die Freude ist groß, dass es endlich wieder losgeht. Auffällig ist, dass die Teams in der Regel einen etwas größeren Kader zur Verfügung haben, als in den vergangenen Jahren. Wie in der DEL üblich geben die Importspieler in den meisten Teams den Ton an, junge Deutsche Spieler müssen sich trotz teilweise überzeugenden Auftritten in der Vorbereitung oder der vergangenen Saison wieder hinten anstellen. Darauf wollen wir etwas genauer eingehen und die einzelnen Teams speziell dazu betrachten.

Die Straubing Tigers sind mit sechs Punkten in die Saison gestartet. Mit 10 Kontingentspielern und einigen eingebürgerten Nordamerikanern in die Saison gestartet, setzt Trainer Tom Pokel auf viel Erfahrung. Von den jungen Spielern bekommen Mario Zimmermann und Joshua Samanski ordentlich Eiszeit. Adrian Klein, vermutlich Nr. 1-Verteidiger bei der nächsten U20-WM für Deutschland, bekommt als 7. Verteidiger gelegentlich Eiszeit. Die talentierten Stürmer des Jahrgangs 2000 Yannik Valenti und Bastian Eckl bekamen bisher leider nicht das Vertrauen des Trainers und wurden zum EV Landshut in die DEL2 beordert.

Die Eisbären Berlin sind im bisher einzigen Spiel in Nürnberg als Verlierer vom Eis gegangen. Einige Verletzungen haben jungen Spielern die Chance gegeben in der DEL Luft zu schnuppern. Sehr erfreulich wie Marco Bassler, Kevin Handschuh, Jan Nijenhuis oder Eric Hördler die DEL annehmen und dem Team Frische geben. Korbinian Geibel wurde zunächst nach Weisswasser in die DEL2 geschickt, Bennet Roßmy dürfte nach der Rückkehr aus Nordamerika eine Chance auf mehr Eiszeit bekommen.

Der EHC Red Bull München hat am ersten DEL-Wochenende drei Punkte geholt. Aufgrund einiger Ausfälle bekamen junge Spieler die Gelegenheit sich zu zeigen. Verteidiger Nicolas Appendino zeigte trotz langer Verletzungspause sofort seine Fähigkeiten. Justin Schütz kämpft um mehr Vertrauen des Trainers. Veit Oswald und Philipp Krening zeigten in den gelegentlichen Einsätzen ihr Talent. Um dies kontinuierlich ausbauen zu können, wären regelmäßige Einsatzzeiten notwendig. Bei Rückkehr der Verletzten und der hochbegabten Maksymilian Szuber und Julian Lutz dürfte es aber schwierig werden, weiterhin Eiszeit zu bekommen. Sebastian Cimmermann scheint aktuell nicht die besten Karten bei Don Jackson zu haben. Ein Wechsel (Augsburg?) innerhalb der DEL würde ihm weiterhelfen.

Die Adler Mannheim haben überraschenderweise beide Spiele verloren, gegen München aber eine gute Leistung gezeigt. Die jungen Spieler Fabriziu Pilu, Arkadiusz Dziambor, Taro Jentzsch, Luca Tosto und Simon Thiel sind gut integriert. Verteidiger Maximilian Leitner, sowie die Stürmer Lukas Mühlbauer und Moritz Elias wurden in die DEL2 zu den Heilbronner Falken abgegeben. Weitere Spieler aus der U20-Mannschaft wie Ralf Rollinger, Kevin Bicker oder Linus Brandl dürften bald ihr Debüt bei den Adlern geben. Die Adler machen einen guten Job und es wäre wünschenswert, weiter stark auf junge Deutsche Spieler zu setzen.

Die Kölner Haie haben mit dem Sieg gegen München überrascht, in Augsburg eine Niederlage kassiert. Die Haie haben sicherlich einige gute Importspieler nach Köln geholt und damit wohl auch eine bessere Mannschaft, als in den vergangenen Jahren. Die beiden jungen Verteidiger Jan Luca Sennhenn und Maximilian Glötzl haben ihren Platz gefunden und überzeugen mit guten Leistungen. Sehr enttäuschend ist allerdings, dass sowohl Julian Chrobot, als auch Luis Üffing wohl nur sporadisch zum Einsatz kommen werden. Beide haben in der letzten Saison einen großen Schritt nach vorne gemacht, werden aber unter diesen Voraussetzungen eine schwere Saison vor sich haben. Mit Robin van Calster, Kevin Niedenz und Pascal Steck stehen noch drei weitere talentierte Stürmer unter Vertrag, mit aber wohl nur geringen Einsatzchancen.

Der ERC Ingolstadt setzt diese Saison nach dem Abgang von Larry Mitchell etwas mehr auf Deutsche Spieler. Leon Hüttl hat in der Verteidigung seinen Platz sicher, Simon Gnyp ist nach wie vor Verteidiger Nr. 8. Nur bei Verletzungen wird er in Ingolstadt seine Chance bekommen, ansonsten dürfte er wohl in Ravensburg zum Einsatz kommen. Im Angriff kämpfen Louis Brune, Philipp Krauß und Enrico Henriquez um zwei freie Plätze. Alle drei haben in der Vorbereitung gezeigt, zu was sie bei genügend Eiszeit in der Lage sind.

Die Augsburger Panther sind im Bereich der jungen Spieler wohl mit am schlechtesten aufgestellt. Justin Volek wird genügend Eiszeit bekommen. Niklas Länger saß zum Saisonauftakt 60 Minuten auf der Bank, gegen Köln hatte er dann einige Minuten Eiszeit. Für eine Weiterentwicklung bedarf es mehr, sollte es ihm nicht so ergehen wie Marco Sternheimer, der für sich einen Schlussstrich zog. Die jungen Angreifer Lennart Nieleck und Christian Hanke werden wohl nur sporadisch zum Kader der Panther gehören. Sollte man im U23-Bereich nicht noch nachverpflichten, werden die Panther wohl selten mit vier kompletten Angriffsreihen antreten. Im Bereich der Importspieler ist man wie immer gut und breit aufgestellt und damit ist es sicherlich immer möglich, kurzfristig konkurrenzfähig zu sein. Langfristig gesehen wäre es sicherlich nachhaltiger, einen breiten Stamm an deutschen Spielern aufzubauen und auch in diesen zu investieren.

Wie in der vergangenen Saison erfreulich, setzen die Teams aus Nürnberg und Düsseldorf weiterhin verstärkt auf junge Deutsche Spieler. Das ist für das Deutsche Eishockey vorbildlich und sollte von den anderen Teams als Vorbild genommen werden. Die DEG mit fünf und die Ice Tigers mit drei Punkten starteten ordentlich in die Saison. Beide Teams haben auch noch junge Spieler in der Hinterhand, wie Roman Kechter und Lukas Ribarik bei den Ice Tigers oder Justus Böttner und Maksim Anton bei der DEG.

Die Iserlohn Roosters haben diese Saison einen quantitativ großen Kader zusammengestellt. Leider mussten am ersten Wochenende Maxim Rausch, Erik Buschmann, Yannick Proske und Valentin Busch (verletzt?) ohne Eiszeit zuschauen. Nils Elten, U-20-Nationalspieler des DEB, spielt weiterhin „nur“ in der Oberliga in Herne. Die Roosters haben inzwischen erfreulicherweise einige junge talentierte Spieler im Kader. Allerdings bekamen bisher nur John Broda und Maciej Rutkowski das Vertrauen von Kurt Kleinendorst.

Die Schwenninger Wild Wings gehen gestärkt in eine weitere DEL-Saison. Ein Auswärtssieg im Derby in Mannheim lässt aufhorchen. Verteidiger Kai Zernickel kam gegen die DEG immerhin fast fünf Minuten zum Einsatz, auch Manuel Alberg scheint seinen Platz in der dritten Reihe gefunden zu haben. Für Florian Elias ist vorerst ein Platz in Reihe vier vorgesehen, genauso wie zuletzt bei den Adlern Mannheim. Für ihn sicherlich nicht befriedigend, es scheint das notwendige Selbstvertrauen zu fehlen. Philip Feist wird zunächst über Freiburg auf seine Chance hinarbeiten müssen, um in der Saison 2022/2023 DEL-Eiszeit zu bekommen.

Die Grizzly Wolfsburg haben erstaunlich früh verkündet, dass sie den durchaus talentierten Verteidiger Steven Raabe in die Oberliga zu den Hannover Scorpions ausleihen. Äußerst bedauerlich, aber bei sieben erfahrenen Verteidigern plus dem ebenfalls talentierten Philipp Mass nicht überraschend. Umso erstaunlicher die Leihe von Thomas Reichel nach Kassel. Der Bruder von NHL-Profi Lukas hat in der Vorbereitung absolut überzeugt und einige Tore geschossen, auch in der CHL. Dass er nun wieder den Weg über die DEL2 gehen soll, ist kaum nachvollziehbar. Luis Schinko hat in der CHL ebenfalls überzeugt und dürfte aufgrund der U23-Regelung diese Saison seinen Platz im Kader sicher haben, hoffentlich auch langfristig mit entsprechender Eiszeit. Da Mike Stewart bisher nicht gerade dafür bekannt ist, junge Spieler zu fördern, wird er im Laufe der Saison wohl weniger Eiszeit erhalten.

Die Fischtown Pinguins Bremerhaven verfolgen bekanntermaßen nicht gerade die Philosophie, junge Spieler zu fördern. Der Club ist sportlich erfolgreich, mit einem Team aus starken Importspielern und einigen eingebürgerten Profis. Mit Moritz Wirth und Nick Aichinger wurden zwei junge Verteidiger geholt. Nick Aichinger bekam allerdings am ersten DEL-Wochenende keine Einsatzzeiten. Im Angriff scheint Nino Kinder gesetzt, Tim Lutz mit guten Leistungen in der Vorbereitung und Sergej Saarkyan müssen um ihre Einsatzzeiten kämpfen.

Für die Bietigheim Steelers und die Löwen Frankfurt geht es wohl primär um den Klassenerhalt. Bietigheims junge Verteidiger Lucas Flade und Jimmy Martinovic wurden zunächst nach Selb abgegeben. Gerade bei Lucas Flade dürfte sich aber die Frage stellen, ob er nicht vielleicht doch schon eine Verstärkung für den DEL-Kader wäre. Elias Lindner benötigt verlorengegangenes Selbstvertrauen, um sich in der Liga durchsetzen zu können. Robert Kneisler hat aktuell die Nase vorne gegenüber Fabjon Kuqi. Bei den Löwen ist Dominik Bokk sicherlich ein Leistungsträger und ein junger Spieler mit Potential für die Nationalmannschaft. Der Auftakt für ihn persönlich ist gelungen. Auch Magnus Eisenmenger dürfte sich durchsetzen und viel Eiszeit erhalten. Die jungen Verteidiger Paul Reiner, Daniel Wirt und Markus Freis müssen sich das Vertrauen des Trainers erarbeiten. Vielleicht gelingt es Ihnen nach und nach mehr Eiszeit zu erhalten.

Generell ist die U23-Regelung sicherlich ein Ansatz junge Deutsche Spieler zu fördern. Genauer betrachtet, bekommen die meisten jungen Spieler aber nicht genügend Eiszeit, um sich auch wirklich weiterentwickeln zu können. Die Teams werden dominiert von meist neun Kontingentspielern, erfahrenen eingebürgerten Spielern und Nationalspielern. Nur mit einer Reduzierung der Kontingentstellen ist es möglich, dass junge Spieler mehr Einsatzzeiten in der Liga erhalten. Dass es für die Liga höchste Zeit wäre daran etwas zu verändern, sollte den Verantwortlichen in Liga und Verband klar werden. Eine Reduzierung auf sechs Kontingentstellen je Club würde dem Deutschen Eishockey enorm weiterhelfen und man hätte gleichgezogen mit der Schweiz und deren Nationalliga A. Die DEL hat eine Kommission zur Nachhaltigkeit gegründet, die Arbeit dieser Gruppe könnte beginnen. Der Punkt Reduzierung der Importstellen sollte ganz oben auf der Prioritätsliste der Arbeitsgruppe Nachhaltigkeit stehen und zur Bearbeitung angestoßen werden. Dann hätte die DEL etwas gutes auf den Weg gebracht …

(Jörg Reich)

Über „Die Drittelpause“: In der sogenannten „Drittelpause“ greifen verschiedene Autoren aktuelle Themen auf und beziehen hier klar persönlich Stellung. Hierbei wird Nebensächliches zur Hauptsache gemacht und umgekehrt. Es wird gerne überspitzt, frech und vielleicht auch manchmal einfach nur „anders“ argumentiert und kommentiert. Mal laut, mal leise, mal mit einem Augenzwinkern und mal mit dem Dampfhammer oder in Satireform. „Die Drittelpause“ ist nicht neutral und ausgeglichen, sie ist die oft persönliche Meinung des Autors / der Autorin und soll Anlass zur Diskussion bieten.

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