„Wir beobachten natürlich immer den Markt“ – Die schwierige Suche der DEL-Abstiegskandidaten nach dem letzten passenden Puzzleteil
Aktuell Ticker 1AllgemeinDELHintergrund / Interviews 12. Januar 2025 Eishockey-Magazin 1


V. l.: Larry Mitchell (AEV), Niki Mondt (DEG) und Franz Fritzmeier (IEC) – © CityPress ( Sportfoto-Sale
Düsseldorf / Augsburg / Iserlohn. (EM) Es ist eine immer wieder gerne benutzte Aussage, wenn man Sportdirektoren, Trainer oder Geschäftsführer während der Saison auf mögliche Neuzugänge anspricht: „Wir beobachten natürlich immer den Markt“, so das dann oft fast schon reflexartige Statement.
Es ist allerdings keine Floskel, sondern die Umschreibung der täglichen Arbeit von Sportchefs und natürlich auch die branchenübliche Aussage, wenn man sich nicht zu tief in die Karten schauen lassen will. In der Deutschen Eishockey Liga halten die Manager im Januar gerne noch einmal Ausschau nach Verstärkungen, um auf langfristige Verletzungen im Kader zu reagieren oder auch um zum Beispiel die letzte Importlizenz zu vergeben, damit dem Team noch einmal mehr Stabilität, Torgefahr oder auch einfach nur mehr Tiefe verliehen werden kann. Traditionell sparen sich viele Teams die letzte Lizenz für den Fall einer schweren Verletzung auf der Torwartposition auf.
Seit der Wiedereinführung des sportlichen Abstiegs in der DEL sind gerade die Manager der „Kellerkinder“ schon recht früh in der Saison dabei den Kader zu verbessern. In dieser Spielzeit befinden sich im DEL-Tabellenkeller mit der Düsseldorfer EG, den Augsburger Panthern und den Iserlohn Roosters gleich drei Teams in höchster Abstiegsnot.
DEG, Panther und Roosters haben schon verschiedene Stellschrauben gedreht
Bei der DEG konnte Sportdirektor Niki Mondt schon mehrfach den Kader nachbessern. Mit Paul Postma, Tyler Gaudet, Ryan McKiernan und zuletzt Laurin Braun wurde sicherlich auch Qualität hinzugewonnen. Die letzte Importlizenz ist eigentlich für den Langzeitverletzten Oldie Rick Schofield reserviert. Sportlich gelang es bislang noch nicht sich aus dem Tabellenkeller herauszuarbeiten. Trotz der teilweise starken Kritik an Headcoach Steven Reinprecht halten die Verantwortlichen bislang beharrlich am 48- jährigen Kanadier fest.
Die Augsburger Panther haben alle ihre Lizenzen vergeben. Zuletzt holte man den ehemaligen Kölner Angreifer Nick Baptiste aus der russischen KHL in die Fuggerstadt. Ende November vollzog man bereits auf dem Trainerstuhl einen Wechsel. Manager Larry Mitchell übernahm für den glücklosen Ted Dent seither in Doppelfunktion auch den Posten hinter der Bande.
Die Iserlohn Roosters hatten einen schweren Start in die Saison und blieben vor allem in eigener Halle vieles schuldig. Auch die Sauerländer nahmen einen Trainerwechsel vor. Allerdings hielten sie an Retter Doug Shedden fest und trennten sich von Associate-Coach Pierre Beaulieu. Für Beaulieu beorderte man Frank Fischöder aus dem eigenen Nachwuchs zu den Profis. Und das mit durchaus beachtlichem Erfolg, denn vor allem die deutschen Spieler erleben einen Aufschwung. Im Kader konnte man Brandon Gormley Mitte Oktober von einem weiteren Engagement am Seilersee überzeugen. Seit Januar hat der neue Sportdirektor Franz Fritzmeier das sportliche Sagen. Er bekräftigte bereits, dass man natürlich den leergefegten Markt beobachtet und die letzte Importlizenz an einen Stürmer vergeben möchte.
In dieser Saison sind keine Wechsel mehr innerhalb der DEL möglich
In der DEL kann seit dem 31.12. nicht mehr innerhalb der Liga gewechselt werden. Es ist noch möglich vertragslose Spieler oder Spieler aus dem Ausland zu verpflichten. Fritzmeier bestätigte, dass der Klub entsprechende Mittel zur Verfügung für eine Verpflichtung gestellt hat. Die DEG teilte schon vor Wochen mit, dass durch das erhöhte Engagement von Sponsor Timocom mehr Geld zur Verfügung steht. Auch in der neuen Saison. Umso wichtiger ist der Ligaverbleib für die Rheinländer, da ansonsten alle Planungen über den Haufen geworfen sind. Allerdings haben gerade die drei DEL-Kellerkinder nicht die besten Argumente im Kampf um wechselwillige Spieler. Selbst bei lukrativen Angeboten entscheiden sich Spieler auch immer wieder dafür bei einem Konkurrenten zu unterschreiben, der sicher oder zumindest ambitioniert ist in den Playoffs dabei zu sein. Oder es wird sogar ein Wechsel in eine andere Liga in Betracht gezogen. Jüngstes Beispiel: David Wolf (35), der sich seit einigen Tagen beim Zweitligisten Kassel aufbaut. Er erklärte in einem Interview mit der HNA unverblümt, dass für ihn trotz Anfragen aus der DEL Abstiegskampf nicht in Frage kommt. Dazu muss man wissen, dass Wolf seit Sommer ohne Vertrag ist, also noch in die DEL wechseln könnte und seit Wochen der letzte verblieben deutsche Stürmer auf der DEL Free-Agent-List ist, der Erfahrung und Torgefahr mitbringt.
Vor rund einem Jahr schien ein Wechsel von Peter Mueller zu den Iserlohn Roosters fast sicher. Der Oldie entschied sich aber dann doch für Wolfsburg. Seine 18 Scorerpunkte in 22 Spielen hätten den Sauerländern damals sicherlich gut weitergeholfen.
Tabellensituation erschwert auch die Planungen für die nächste Saison
Und so bleibt für die Sportchefs Mondt, Mitchell und Fritzmeier momentan nur die Hoffnung, dass sie mit einem glücklichen Händchen doch noch das passende Puzzleteil finden, das Qualität und Teamgeist mitbringt. Die „letzte Kugel“ muss schließlich sitzen.
Da alle drei Abstiegskandidaten voraussichtlich auch bis zum Ende der Hauptrunde keine endgültige Planungssicherheit bezüglich der Ligenzugehörigkeit haben werden, haben sie auch jetzt schon einen Nachteil für die Kaderplanungen der Spielzeit 25/26. Speziell die sehr begehrten deutschen Spieler möchten häufig früh wissen, wo sie in der kommenden Saison spielen werden. Mit der aktuellen Unsicherheit ist es kaum möglich einen guten deutschen Spieler zu einem Wechsel für die neue Saison zu bewegen. Und auch in den derzeitigen Kadern zögern einige Leistungsträger verständlicherweise mit einer Entscheidung. Angebote mit einem längerfristigen Vertrag, Verlängerungsoptionen oder Ausstiegsklauseln sind längst keine Garantie mehr dafür den Zuschlag zu bekommen. So bleibt fast nur das Vertrauen in das eigene Netzwerk oder der Weg Spieler zu gewinnen, die in Zukunft die deutsche Staatsbürgerschaft erlangen können. Um so wichtiger ist es, dass im zukünftigen Kader die Importspieler passen und man keine Fehleinkäufe tätigt. Erschwerend kommt für die DEL-Manager seit einigen Jahren hinzu, dass aus der American Hockey League (AHL) immer weniger Spieler in die DEL wechseln. Finanziell ist de AHL deutlich aufgewertet worden. Es gibt keine Gehaltsobergrenze und lediglich die Anzahl der Veteranen ist begrenzt. Obwohl in der AHL viele Spieler die Unkosten wie Wohnung, Autos Flüge usw. selbst tragen, ist sie mittlerweile lukrativer als die DEL. Und so konzentriert sich oft alles auch immer mehr auf Spieler, die schon in Europa aktiv sind. Neben Schweden und Finnland sind zuletzt auch immer mehr die ICEHL, Tschechien und die Slowakei in den Blickpunkt der DEL gerückt. In Nordamerika ist gerade für die finanziell schwächeren DEL-Klubs die ECHL (East Coast Hockey League) zu einem interessanten Markt geworden.
Aktuell hat die Suche nach dem letzten Puzzleteil bei allen sicherlich ganz besondere Aufmerksamkeit. Die Konkurrenz ist hoch, denn: Alle beobachten schließlich immer den Markt.
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