„Vereine wie wir bilden das Rückgrat der Oberliga“ – Interview mit EVL-Präsident Marc Hindelang vor dem Saisonauftakt
Aktuell Ticker 1AllgemeinEV Lindau IslandersHintergrund / Interviews 27. September 2023 Eishockey-Magazin 4
Lindau. (EVL) Am Freitag (29. September 2023) starten die EV Lindau Islanders in die neue Oberliga- Saison.
Eine Spielzeit, die für den EVL wieder mit besonderen Herausforderungen verbunden ist, sagt EVL- Präsident Marc Hindelang im Interview mit evlindau.com.
Mit welchen Erwartungen blicken die Verantwortlichen auf die neue Saison?
Marc Hindelang: Wir sind verhalten optimistisch. Wir können erstmals nach einigen Jahren wieder auf einen stabilen Kern der Mannschaft zurückblicken und denken, dass wir uns gut und sinnvoll ergänzt haben. Dazu hoffen wir natürlich, dass sich der leichte Aufwärtstrend, den wir unter John Sicinski hatten, fortsetzt. Team und Trainer kennen sich noch ein wenig besser und natürlich kennt auch der Coach noch besser die DNA unseres Vereins: Spieler aus der Region, die teilweise auch berufstätig sind oder in unserem Dualen System eine Ausbildung machen, keine teuren Legionäre, aber schon auch der eine oder andere profierfahrene Crack. Identifikation mit Fans und Stadt. Wobei wir uns letzteres auch umgekehrt wieder wünschen würden.
Wie ist das zu verstehen?
Marc Hindelang: Eines ist ganz klar. Durch das späte Eis in Lindau haben wir einen klaren Wettbewerbsnachteil gegenüber allen anderen Oberligisten – außer Höchstadt, denen ging es genauso. Wir brauchen natürlich einen guten Saisonstart, um die Lindauer wieder zu überzeugen, dass es Spaß macht, sich die Spiele der Islanders anzusehen. Dem steht aber die schwierige Auswärts- Vorbereitung im Wege. Wir suchen nicht nach Ausreden, aber ich habe schon das Gefühl, dass der eine oder andere Punkt uns leider von draußen in der Toskana genommen wird.
Gibt es noch weitere Auswirkungen?
Marc Hindelang: Noch viel mehr leidet aber unser Nachwuchs unter einer verkürzten Saison. Jede Woche, die gekürzt wird, ist ein Verlust für die Kinder und Jugendlichen, die ihren Sport nicht treiben können. In den letzten Jahren kamen ein halbes Dutzend Spielerinnen und Spieler, die bei uns ihre ersten Schritte gemacht haben, in deutsche Nationalmannschaften! Das gibt‘s in keiner anderen Sportart hier im Landkreis. Dieses Niveau, auch Mädchen und Jungs zu den Sichtungen in Bayern schicken zu können, können wir so nicht halten. Man schmückt sich bei der Sportlerehrung in Lindau ja immer gerne mit erfolgreichen Athleten und dreht putzige Videos, aber dann darf man eben die Grundlagen nicht vergessen.
Dabei geht es aber auch nicht nur um Leistungssport, sondern den Sport insgesamt als sozialen und gesellschaftlich relevanten Faktor. Wir machen bereits am Dienstag, am Tag der Deutschen Einheit, um 13:30 vor dem Topspiel gegen Bad Tölz einen ‚Integrations- und Kids- on – Ice- Day‘. Das hatte in den letzten Jahren schon immer eine überragende Resonanz und wird hoffentlich auch mal von der Stadt bemerkt. Die Eissportarena ist nicht nur eine Sporthalle, sondern auch eine Begegnungs- und Bildungsstätte, die auch für Lindau Identitätsstiftend ist.
Wie sieht das eigentlich in anderen Kommunen aus?
Marc Hindelang: Das ist an manchen Orten ein ebenso großer Kampf, für die Vereine – unterstützt von den Landesverbänden und dem Deutschen Eishockey- Bund. Es gibt aber auch Standorte, die genau zu diesen Themen stehen und sie unterstützen, weil sie Wichtigkeit von Sport insgesamt erkannt haben und fördern.
Gleichzeitig sind die Verbände natürlich ganz stark darin involviert, Lösungen anzubieten. So wird auch dieses Jahr wieder vom 24.-27.10. Oktober, die FSB stattfinden, die Fachmesse für Freiraum, Sport und Bewegung, in der es um nachhaltige Technologien und innovative Konzepte geht, wie man Eishallen betreiben kann. Die Strompreise sinken zwar wieder deutlich – das wird leider immer wieder gerne verschwiegen. Aber noch mehr Energie sparen, bleibt natürlich ein Thema. Da sind wir in Lindau als Verein ohnehin längst vorbildlich und haben Sparpotenziale erkannt und voll ausgereizt.
Finanzen sind im Eishockey grundsätzlich immer ein Thema. Wie groß ist die Herausforderung als EV Lindau Islanders in der Oberliga zu spielen?
Marc Hindelang: Das ist Jahr für Jahr eine große Aufgabe und da sind wir auch ganz ehrlich. Ohne die überragende Unterstützung unserer vielen Sponsoren wäre das gar nicht möglich. Wir spielen jetzt seit 8 Jahren ununterbrochen in der Oberliga Süd – wie sonst nur Weiden und Peiting – und das ist schon eine Leistung. Vor allem wenn man bedenkt, dass es hier Großklubs gibt, die kräftig investieren, um nach oben zu kommen. Da schlackert man manchmal schon mit den Ohren, was da an Etats unterwegs ist und was an Gehältern gezahlt wird. Das machen wir allerdings nicht mit, wir gehen unseren Lindauer Weg und das ist gut so. Aber man merkt natürlich schon, dass es auch für andere „mittelständische“ Klubs immer ein Kraftakt ist. Die sind aber wichtig für die Stabilität der Liga: Peiting, Füssen, Passau, Höchstadt, jetzt Stuttgart, wir. Ohne diese Vereine gäbe es diese Liga nicht, sie bilden das Rückgrat der Oberliga.
Du hast in Deiner weiteren Funktion als Vize-Präsident des DEB, der für den Spielbetrieb zuständig ist, ja gerade in der Oberliga die Einblicke – wie sehr bist Du in das Zulassungsverfahren eingebunden?
Marc Hindelang: Ich bin bewusst kein Teil der Kommission, die die einzelnen Zahlen der Etats prüft, denn da möchte ich keinen Gewissenskonflikt durch das Amt als Vereinspräsident heraufbeschwören.
Ich bin aber dann eingebunden, wenn es problematisch wird, wenn es um große Abweichungen geht oder Fristen betrifft und die Hauptamtlichen im DEB- Feedback und Rückendeckung brauchen. Das war in diesem Jahr der Fall. Denn es geht natürlich darum, um jeden Eishockey Standort zu kämpfen – aber vor dem klaren Hintergrund Mindeststandards, die für alle gelten, zu erfüllen.
Bist Du mit dem Ergebnis zufrieden?
Marc Hindelang: Es war schon ein bemerkenswerter und herausfordernder Sommer. Zunächst die Ausstiege von gleich fünf Klubs in Süd und Nord, die wir sehr bedauern, und dann die Probleme anderer Vereine im Zulassungsverfahren plus die Hinzunahme von Bayreuth. Das war in dieser Menge schon einzigartig in den knapp zehn Jahren, die ich hier dabei bin.
Aber das Ganze hat die Kommission sehr gut gelöst und den Vereinen wichtige Hilfestellungen gegeben. Wir haben keine weiteren Verluste erlitten und sehen nun einfach mit Freude auf die Saison hin. Im Norden lief das erste Wochenende zufriedenstellend, jetzt ist die Oberliga Süd dran – durch Heilbronn und Stuttgart endlich auch mit Teams aus Baden- Württemberg. Das freut mich besonders, weil die Oberliga Süd dadurch noch attraktiver und abwechslungsreicher wird. Das tut uns auch in Lindau sehr gut. Schön, dass es endlich losgeht.