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Nürnberg. (StM) Er herrschte Aufbruchstimmung im Lager der Thomas Sabo Ice Tigers. Mit einem stark verbesserten Kader und einem neuen Trainer an der Bande...
Jeff Tomlinson  wurde vorzeitig entlassen- © by Eishockey-Magazin (DR)

Jeff Tomlinson wurde vorzeitig entlassen- © by Eishockey-Magazin (DR)

Nürnberg. (StM) Er herrschte Aufbruchstimmung im Lager der Thomas Sabo Ice Tigers. Mit einem stark verbesserten Kader und einem neuen Trainer an der Bande sollte in Nürnberg der Grundstein für sportlich erfolgreiche Zeiten gelegt werden. Keine acht Monate später steht das Nürnberger Eishockey vor einem weiteren Neubeginn, dabei sollte alles anders werden.

Mit Jeff Tomlinson präsentierte man in Nürnberg einen absoluten Wunschtrainer, der mit seinem offensiven System und zahlreichen namhaften Neuzugängen nach den eher mageren Jahren den Erfolg nach Nürnberg bringen sollte. Doch nach einem ordentlichen Start kamen die Ice Tigers recht schnell vom vorgegebenen Kurs ab. Neben vielen Verletzungen brauchte es doch länger als erwartet, das neue Spielsystem zu verinnerlichen.

Der personell ausgedünnte Kader der Ice Tigers musste vermehrt Niederlagen einstecken, Jeff Tomlinson wirkte zunehmend ratloser und den Spielern war die Unsicherheit aufgrund der hohen Erwartungshaltung deutlich anzumerken. Als die sportliche Talfahrt anhielt und Thomas Sabo das angestrebte Saisonziel in ernster Gefahr sah, griffen auch in Nürnberg die üblichen Mechanismen im Profisport.

Mit Jeff Tomlinson tauschte man das schwächste Glied in der Kette aus und präsentierte mit dem Schweden Bengt-Ake Gustafsson einen neuen, namhaften und zugleich teueren Trainer. Doch auch unter dem Welt- und Olympiasieger Gustafsson wurde es nur in den ersten Spielen besser, gegen Ende der Saison mussten die Ice Tigers sogar kurzzeitig um das Erreichen der Pre-Play-offs zittern. Mit verbesserten Leistungen in den letzten Spielen der Vorrunde wurde es dann noch Platz sieben, die direkte Qualifikation für die Play-offs wurde deutlich verpasst.

Nach drei weiteren Spielen gegen die Grizzly Adams Wolfsburg war die Saison dann aber in Nürnberg nach den Pre-Play-offs beendet. Doch der wahre Paukenschlag erfolgte erst einige Tage später. Der Vertrag mit Manager und Sportdirektor Lorenz Funk wurde nicht verlängert, und auch von der als sicher geltenden Weiterverpflichtung von Gustafsson nahmen die Thomas Sabo Ice Tigers Abstand. Somit befinden sich die Ice Tigers wieder vor einem Neubeginn.

 

Einzelkritik

Torhüter:

Torwart Tyler Weiman und Maskottchen Pucki feiern einen Sieg - © by ISPFD (sportfotocenter.de)

Torwart Tyler Weiman und Maskottchen Pucki feiern einen Sieg – © by ISPFD (sportfotocenter.de)

Tyler Weiman: War nicht der erhoffte Rückhalt. Hatte unter Tomlinson viel Arbeit aufgrund des offensiven Systems, wurde aber auch unter Gustafsson nicht wesentlich besser. Gewann seinem Team zu wenig Spiele.

Andreas Jenike: Ihm hätte man ein paar Spiele mehr von Beginn an gewünscht. Zeigte meist sehr ordentliche Leistungen, in der Serie gegen Wolfsburg mit Licht und Schatten. Kann ein vollwertiger DEL-Torhüter werden.

Verteidiger:

Casey Borer: Startete richtig stark, war defensiv überragend und scorte gut. Läuferisch gut und mit viel Übersicht, vernachlässigte dann aber seine Aufgaben in der eigenen Zone. In den Play-offs von der Rolle mit groben Fehlern. Soll sich mit Berlin einig sein.

Sven Butenschön: Wird kein Sprinter mehr werden, aber in Unterzahl und in der eigenen Zone immer noch ein verlässlicher Verteidiger. Vorbild an Einsatz und Willen, war in den Play-offs bärenstark, noch ist unklar, ob er seine lange Karriere fortsetzen wird.

Brett Festerling: Hatte am Anfang mit Verletzungen und der Umstellung auf die große Eisfläche Probleme, überzeugte dann aber mit sehr solidem Zweikampfverhalten und krachenden Checks. In der zweiten Saisonhälfte der beste Verteidiger der Ice Tigers.

Rob Leask: Auch mit 41 Jahren ein vollwertiger DEL-Spieler, läuferisch und in der eigenen Zone solide, mit der Rolle an der blauen Linie im Powerplay aber überfordert. Hat die Erwartungen erfüllt.

Peter Lindlbauer: Durchwachsene Spielzeit, in der Offensive mit guten Aktionen, im eigenen Drittel oft mit haarsträubenden Fehlern. Muss seine Fehler minimieren und den Leichtsinn abstellen. In den Play-offs ein Unsicherheitsfaktor.

Marco Nowak: Läuferisch ganz stark, guter Allrounder, der zum Jahreswechsel seine beste Phase hatte. Fiel am Ende mit einer Schulterverletzung aus, wichtiger Baustein für die Zukunft.

Jame Pollock: Sein Schuss ist noch immer eine echte Waffe, gerade im Powerplay. Spielte zunächst sehr fehlerhaft vor dem eigenen Tor, konnte das aber gegen Ende der Saison abstellen. Von einem Ausländer darf man aber mehr erwarten.

Tim Schüle: Ewiges Talent oder kompletter DEL-Verteidiger? Läuferisch überragend, trifft er immer noch zu viele falsche Entscheidungen. Unter Gustafsson stark verbessert, soll in Nürnberg unterschrieben haben.

Stürmer:

Vitalij Aab fällt fiel sehr lange aus - © by ISPFD (sportfotocenter.de)

Vitalij Aab fällt fiel sehr lange aus – © by ISPFD (sportfotocenter.de)

Vitalij Aab: Verletze sich schwer zu Saisonbeginn, fand oft nur Platz in der dritten oder vierten Reihe, dort aufgrund seiner Spielweise kein Faktor. Verschenkte Spielzeit.

Ryan Bayda: Immer noch ein verlässlicher Scorer, der auch in der Defensive einen guten Job macht. Mit viel Zug zum Tor und gutem Zweikampfverhalten, tauchte aber zu oft ab.

Patrick Buzas: Technisch und läuferisch starker Spieler, lange verletzt. Kann ein wichtiger Spieler in der Zukunft werden, hatte gute Ansätze und gab keinen Puck verloren.

Eric Chouinard: Beeindruckte unter Tomlinson durch „Nicht-Leistung“, wurde auch unter Gustafsson nicht wesentlich besser. Top-Scorer der Ice Tigers, der aber an vielen Abenden überhaupt nicht in Erscheinung trat. Ging fast allen Zweikämpfen aus dem Weg und gab dem Team in engen Spielen wenig Impulse.

Yasin Ehliz: Beeindruckende Saison für den jungen Stürmer, viel Zug zum Tor und harte Checks. Oftmals bester Stürmer der Ice Tigers, ihm gehört die Zukunft, wenn er seine Leistung bestätigen kann.

Dusan Frosch: Siehe Aab, nur ohne schwere Verletzung. Ohne Gegenspieler herausragend, im Zweikampf und in der Rückwärtsbewegung nicht auf DEL-Niveau. Schwimmt mit, wenn es läuft, keiner der ein Spiel drehen kann. Geht nach Iserlohn.

Connor James: Guter Neuzugang für die Ice Tigers, guter Scorer und Forechecker, der jeden Abend seine Leistung abruft. Macht viele Dinge sehr gut, läuferisch der beste Nürnberger.

Jason Jaspers: Sein Wert für das Team lässt sich nicht an seinen Zahlen messen. Unermüdlicher Kämpfer und Vorbild, kein Weg ist ihm zu weit, kein Puck ist aussichtslos beim Gegner. Stark am Bully und in Unterzahl, trifft fast immer die richtigen Entscheidungen auf dem Eis.

Evan Kaufmann: Durch eine schwere Handverletzung verpasste er fast die komplette Saison, guter Techniker und Scorer. Für das nächste Jahr fast ein gefühlter Neuzugang.

Leo Pföderl: Spielte unter Tomlinson häufig, gute Anlagen und guter Schuss. Benötigt viel Eiszeit, ein Jahr in Bad Tölz oder in der zweiten Liga würde ihm gut tun.

Patrick Reimer: Bester Torschütze der Ice Tigers, wichtige Rolle als Kapitän, auch wenn ihm nicht alles gelang. Wichtiger Baustein für die Zukunft der Ice Tigers.

Steven Reinprecht: An manchen Abenden überragend, aber auch mit vielen Auszeiten. Läuferisch und technisch brillant, kein Faktor an der blauen Linie im Powerplay. In den Play-offs stark verbessert.

Steven Rupprich: Typischer Rollenspieler, der gerade in Unterzahl sehr wertvoll war. Gute Arbeitseinstellung, typischer Spieler für die vierte Reihe. Hat sicher nicht enttäuscht.

Yan Stastny: Durchwachsene Saison, wenn er will einer der besten Center der Liga, oder eben nur ein Mitläufer. Kann sicher mehr, bleibt ein weiteres Jahr in Nürnberg. Muss sich steigern.

Daniel Weiß half den Ice Tigers aus - © by Eishockey-Magazin

Daniel Weiß half den Ice Tigers aus – © by Eishockey-Magazin

Daniel Weiß: Leihgabe der Eisbären Berlin, offensiv ohne Wirkung, guter Job in Unterzahl. Agierte meistens in der vierten Reihe, hat sich nicht nachhaltig empfohlen.

 

Wohin führt der Weg der Thomas Sabo Ice Tigers? Eine spannende Frage. Mit der Verpflichtung von Tomlinson und den meist langjährigen Verträgen von Leistungsträgern sollte in Nürnberg endlich ein zumindest mittelfristiges Konzept Einzug halten, sofern das im Eishockey überhaupt möglich ist. Man kann sich darüber streiten, ob die Entlassung von Tomlinson ein Fehler war oder nicht. Jedenfalls ist man mit der Entlassung den einfachsten Weg gegangen, ein vor der Saison gepredigtes Konzept hat im Profisport wohl nur so lange Bestand, so lange der sportliche Erfolg vorhanden ist. Aber auch die Zeit unter Gustafsson und das schnelle Aus gegen Wolfsburg zeigten die Fehler bei der Kaderzusammenstellung schonungslos auf.

Insgesamt agierte das Team über die ganze Saison hinweg zu brav, es fehlte bei all den Häuptlingen an Indianern, auch wenn das recht banal klingt. Mit Aab, Frosch oder auch Chouinard hatte man zu viele „Schönwetter-Spieler“ in den eigenen Reihen, es fehlten mehr Spieler vom Format eines Jason Jaspers oder Connor James, die sich in den Dienst der Mannschaft stellen, den Kampf annehmen und eigene Belange in den Hintergrund stellen. Wille und Einsatz siegen über Talent, eine Erfahrung, die die Ice Tigers zu oft machen mussten.

Aber auch auf der Torhüterposition und in der Verteidigung hatten die Thomas Sabo Ice Tigers ihre Probleme, da ist es kaum nachzuvollziehen, dass man in Nürnberg komplett auf Lockout-Spieler verzichtete, um dann am Ende der Saison Ausländerlizenzen ungenutzt verfallen zu lassen. Ein Luxus, den sich kaum ein DEL-Team leistete. Diesen Fehler muss sich die sportliche Führung der Ice Tigers ankreiden lassen, gerade in der Phase der Saison, als das Verletzungspech gnadenlos zuschlug.

Mäzen Thomas Sabo wird die Icetigers weiter powern, muss aber zunächst auch einen neuen Manager finden - © by ISPFD (sportfotocenter

Mäzen Thomas Sabo wird die Icetigers weiter powern, muss aber zunächst auch einen neuen Manager finden – © by ISPFD (sportfotocenter

Dennoch hat man in Nürnberg gute Voraussetzungen für die anstehende Spielzeit. Mit Festerling, Nowak, Schüle, Reimer, Kaufmann, Ehliz oder Buzas verfügt man über ein sehr solides Grundgerüst an deutschen Spielern. Dazu haben Jaspers, James, Stastny und Weiman gültige Verträge für die neue Saison, mit sinnvollen Verstärkungen kann daraus ein guter Kader geformt werden, der höheren DEL-Ansprüchen genügen dürfte.

Bleibt die Frage nach der sportlichen Führung. Man kann erwarten, dass Thomas Sabo Unternehmer genug ist, und mit den passenden Kandidaten bereits einen Vertrag geschlossen hat. Sich von Trainer und Manager ohne entsprechendes Schattenkabinett zu trennen, gilt als nahezu ausgeschlossen. Nach Beendigung der Play-offs kann hier sicher Vollzug gemeldet werden, Sabo selbst hat dies für den April angekündigt.

Somit starten die Thomas Sabo Ice Tigers kurz nach dem Neubeginn im Sommer 2012 einen weiteren Neuanfang. Man kann Thomas Sabo bei seinen Personalentscheidungen nur ein glückliches Händchen wünschen. Der Wunsch der Nürnberger Fans lässt sich leicht erahnen: Sportlicher Erfolg und Kontinuität. Klingt nicht sehr anspruchsvoll, kann aber im Nürnberger Eishockey so schwer sein.

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