Iserlohn Roosters reisen nach dem Debakel gegen Berlin im Krisenmodus zum amtierenden Meister Red Bull München
Aktuell Ticker 1AllgemeinIserlohn Roosters 4. Oktober 2023 Eishockey-Magazin 0
Iserlohn. (MK) Die Erkenntnis ist selbst in Iserlohn wahrlich nicht neu: Vorbereitung und Meisterschaft sind zwei Paar unterschiedliche Schuhe.
Bei den Iserlohn Roosters herrscht spätestens nach der 2:8 Klatsche gegen die Eisbären Berlin am letzten Dienstag Krisenstimmung. In der Vorbereitung schien der angekündigte Neuanfang vielversprechende Ansätze zu zeigen.
Immer wieder frühe Gegentore – Konstanz über sechzig Minuten fehlt zu oft
Nach sieben Spielen in der Meisterschaft stehen die Iserlohner auf dem vorletzten Tabellenplatz. Es ist ganz sicher nicht die Tabellenregion, in der man sich selbst gerne sehen würde. Bislang gelang den Schützlingen von Headcoach Greg Poss nach dem Auftaktsieg in Frankfurt lediglich ein Punktgewinn gegen Ingolstadt (2:3 n. P.) und ein Sieg nach Verlängerung in Wolfsburg. Insbesondere auf eigenem Eis blieben die Sauerländer bislang fast alles schuldig. In der von den Gegnern so gefürchteten Eishölle am Seilersee gelang den Waldstädtern noch kein Sieg. Nach der deftigen 2:7 Klatsche am zweiten Spieltag gegen Schwenningen sprach man noch von einem Ausrutscher. Genau wie gegen Schwenningen verpennten die Roosters auch gegen Berlin am Einheitsfeiertag den Start ins Spiel. „Hellwach sein und von Beginn an bereit sein“, so die Aussagen nach den jüngsten Niederlagen. Zu häufig geraten die Poss-Schützlinge früh in Rückstand.
Das sicherlich noch junge Team muss dringend die mentale Bereitschaft entwickeln, um konstant über mindestens sechzig Minuten von der ersten Sekunde an hellwach auf dem Eis zu agieren. Auffällig ist, dass die vor der Saison von vielen sogenannten Experten kritisch beurteilten deutschen Spieler bislang ihre Rollen mehr als ordentlich ausfüllen, teilweise sogar überperformen. Dagegen können längst noch nicht alle Importspieler ihre Qualitäten abrufen und mit gutem Beispiel für die jungen Cracks als Führungspersönlichkeit vorangehen. Das Offensivspiel hat sich zwar schon verbessert, aber noch immer benötigen die Blau-Weißen zu viele Schüsse, um ein Tor zu erzielen. Die derart eklatante Heimschwäche wirft fast reflexartig die Frage nach dem passenden System für dieses Team auf. Das eher abwartende Verhalten in der neutralen Zone entspricht beispielsweise nicht dem zum Saisonstart angekündigten frühen attackieren des Gegners in dessen Drittel. Aber auch in der Fremde sollten die bislang erreichten Punkte nicht darüber hinwegtäuschen, dass man diese Punkte mit einem extrem hohen Aufwand erringen konnte. Es stellt sich die Frage, ob man diesen Aufwand über eine komplette Hauptrunde betreiben kann? Wenig auszusetzen gibt es dagegen bislang am Torhüter-Duo Jenike/Reich.
Greg Poss kündigt Änderungen an
Greg Poss suchte direkt nach der Pleite gegen Berlin keine Ausreden, war aber auch ein wenig ratlos. „Ich habe keine Erklärung. Wir müssen konzentrierter zu Werke gehen. Vielleicht müssen wir ein paar Änderungen in der Art und Weise, wie wir spielen machen, um den Spielern zu helfen. Ich meine, momentan ist Licht und Schatten bei uns. Wir haben im 1. Drittel am Sonntag in Wolfsburg sehr gut gespielt. Im 2. Drittel nicht so gut. Im letzten Drittel ein bisschen besser. Aber wir müssen einfach daran arbeiten unsere Konstanz zu finden“, so der US-Amerikaner direkt nach dem Spiel bei MagentaSport.
Am heutigen Donnerstag treten die Iserlohner beim amtierenden Meister Red Bull München an. Man wird im Lager der Roosters sicherlich sehr genau hinsehen, mit welcher Einstellung das Team das Spiel in der bayerischen Landeshauptstadt absolvieren wird. Am Sonntag erwarten die Sauerländer dann die Düsseldorfer EG, die momentan als Tabellenletzter noch schlechter dasteht.
Debüt von Brandon Gormley am Sonntag möglich – Kommt Clark Bishop?
Helfen könnte am Sonntag eventuell schon Neuzugang Brandon Gormley, falls dann alle Formalitäten für seine Spielberechtigung erledigt sind. Gerüchteweise stehen die Iserlohner zusätzlich vor der Verpflichtung des kanadischen Stürmers Clark Bishop (27). Der Center spielte in der NHL schon insgesamt 49 Partien (1 Tor, 7 Assist) für Carolina und Ottawa. Bestätigt und damit in trockenen Tüchern ist der Transfer noch nicht.
Fans völlig frustriert
Bei den Anhängern entlud sich der Frust nach dem Debakel gegen Berlin reflexartig auch schnell in den sozialen Netzwerken. „Erbärmlich“, „unterirdisch“ oder „Arbeitsverweigerung“ waren noch die eher harmlosen Kommentare. Der Frust richtete sich schnell auch gegen Klubchef Brück und Sportmanager Hommel. Besonders nach den desolaten Heimauftritten scheint die im Sommer gewonnene Überzeugung mit einer jungen und entwicklungsfähigen Mannschaft in der Liga konkurrenzfähig um Platz zehn mitspielen zu können, bei vielen Fans schon wieder einer grenzenlosen Ernüchterung gewichen zu sein. Und das, wo man doch in dieser Spielzeit die Basis für eine sportlich bessere Zeit säen wollte.
Und auch wenn es nach Außen hin so wirken mag, dass nach dem jüngsten Auftritt alles mit ruhiger Hand weiterläuft, scheint dieser Eindruck doch nicht so ganz zu stimmen. Das schon in der Vorwoche für Mittwochmittag angekündigte Pressevorgespräch zum Spiel in München wurde kurzerhand am späten Dienstagabend abgesagt. Begründung: „Die Mannschaft bricht schon morgens gen München auf.“ Aus dem Umfeld war gerüchteweise zu vernehmen, dass es „Gesprächsbedarf“ im Team gab.
Klubführung erklärte schon im Frühjahr den in den letzten Jahren wiederkehrenden Kreislauf durchbrechen zu wollen
Wer die Szene am Seilersee in den letzten Jahren verfolgt hat, kann davon ausgehen, dass niemand der Verantwortlichen mit diesem Start zufrieden ist. Nicht nur die Nachverpflichtung von Gormley spricht dafür. Ein „weiter so“, wie in den vergangenen Jahren kann und will sich die Klubführung nicht mehr erlauben. Der Ablauf war in den letzten Jahren am Seilersee zu häufig ähnlich: Sportlicher Misserfolg, Krisengespräche, Nachverpflichtungen für den Kader, teilweise Suspendierungen von Spielern und am Ende rollte doch der Kopf des Trainers. Schon im Frühjahr hatte man während der Saisonabschluss-Pressekonferenz klar kommuniziert, diesen Kreislauf mit dem auf allen Ebenen anerkannten und geschätzten Greg Poss durchbrechen zu wollen.
Nach nur sieben absolvierten Spielen schon den Stab über die Mannschaft, das Trainerteam oder das Management zu brechen, wäre bei aller berechtigter Kritik zu früh. Die Gesamtsituation, nicht die Punkteausbeute, stellt sich auch anders dar, als vor einem Jahr, als man Headcoach Kurt Kleinendorst in die Wüste schickte. Der Druck ist aber schon jetzt für alle Beteiligten selbstverschuldet spürbar hoch und der Frust der Fans ist mehr als nachvollziehbar. Für die Roosters gilt es alles dem sportlichen Erfolg (Klassenerhalt so früh wie möglich) unterzuordnen und sich schnellstmöglich Schritt für Schritt aus der Krise zu arbeiten.
Die Möglichkeit für den ersten Schritt besteht heute ab 19:30 Uhr in München. Gegen die DEG beginnt das Westderby am Sonntag um 16:30 Uhr.
Fotostrecke Roosters – Berlin
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