„Ich fokussiere mich aber auf einen Schritt nach dem anderen“ – U20 Nationalverteidiger Justus Böttner strebt die WM und die DEL2 an
Aktuell Ticker 1AllgemeinHintergrund / InterviewsTecArt Black Dragons Erfurt 24. Juni 2022 Eishockey-Magazin 3

Erfurt. (JR) Justus Böttner ist ein 20jähriger Verteidiger, der aktuell bei den Black Dragons Erfurt in der Oberliga Nord spielt.
Der gebürtige Thüringer hat sich über die eigene Nachwuchsabteilung in die Oberligamannschaft gespielt. Zudem hat er sich durch seine Leistungen in den Fokus der U20-Nationalmannschaft gebracht und war bei der im vergangenen Dezember abgebrochenen WM in Canada dabei. Wir haben ihm ein paar Fragen zu ihm, zur abgelaufenen Saison und zu seiner Zukunft gestellt.
Eishockey-Magazin (EM) / Jörg Reich (JR): Hallo Herr Böttner, vielen Dank, dass wir Ihnen ein paar Fragen stellen dürfen!
Sie haben sich in den vergangenen Jahren über die Nachwuchsabteilung des EHC Erfurt und des ESC Dresden in die Oberligamannschaft der Black Dragons gespielt. Können Sie uns kurz ein paar Infos zu Ihrer Zeit im Nachwuchs der Kombi Erfurt/Dresden geben?
Justus Böttner: Seit der U16 habe ich in der Nachwuchs-Spielgemeinschaft von Erfurt und Dresden gespielt. Montag bis Donnerstag hatten wir in Erfurt Training und freitags bin ich mit ca. 4 weiteren Mitspielern nach Dresden gefahren, wo wir Samstag und Sonntag eingesetzt wurden. Als ich in der U17 gespielt habe, durfte ich schon recht früh in die U20 hochspielen und dann auch bei den TecArts Black Dragons Erfurt meine ersten Erfahrungen in der Oberliga sammeln. Vor 2 Jahren habe ich dann noch 7 Spiele in der U20 in Dresden gespielt, bis die Saison aufgrund von Corona abgebrochen wurde. Die gesamte Vorbereitung auf die Saison hatte ich zuvor schon bei den Black Dragons in Erfurt verbracht. Dort konnte ich mir das Vertrauen des Trainers erarbeiten und durfte viel Erfahrung sammeln und auch in den Play-Offs mit erfahrenen Jungs spielen.
E-M /J. R.: Gab es in ihrer Nachwuchszeit mal Überlegungen Erfurt/Dresden zu verlassen und sich bei einem anderen größeren Club zu versuchen? Gabe es Anfragen dafür?
Justus Böttner: Nein, die Kooperation mit Dresden und Erfurt sowie die Nachwuchsarbeit dort haben immer super geklappt und ich hatte vollste Unterstützung der Trainer und ein klasse Team um mich herum. Ich bin dort Zuhause und habe mich sehr wohl gefühlt, daher war für mich klar, dass ich meinen Weg hier gehen möchte.
E-M /J. R.: Durch konstant starke Leistungen haben Sie sich in den Fokus der U20-Nationalmannschaft gespielt. Wie überrascht waren Sie letztendlich davon, auf einmal im Kader für die U20-WM gestanden zu haben?
Justus Böttner: Ich war schon sehr überrascht, da ich erst im November meinen ersten Lehrgang mit der U20 Nationalmannschaft absolviert hatte. Damit ist natürlich ein großer Traum von mir in Erfüllung gegangen und ich habe mich sehr gefreut als der Anruf von Tobias Abstreiter kam und die damit verbundene Einladung zum WM Vorbereitungs-Lehrgang nach Füssen. Dort hatten wir zwei Tage intensives Training und einen Tag vor Abflug nach Kanada wurde dann der finale Kader bekannt gegeben. Ich habe mich wahnsinnig darüber gefreut meine Eishockey Tasche in den Flieger zu packen und habe direkt meine Eltern und Freunde angerufen, um diesen besonderen Moment mit ihnen zu teilen. Eine große Unterstützung war für mich hier auch mein Spielerberater Christoph Ullmann, der sich sehr für mich bei Tobias Abstreiter eingesetzt hat, damit ich diese Chance im DEB Trikot wahrnehmen konnte.
Diese ersten Schritte und das Vertrauen genießen zu dürfen für ein solches Event ausgewählt zu werden, waren besondere Momente für mich, die ich so schnell nicht wieder vergessen werde.
E-M /J. R.: Die U 20-WM ist für viele Spieler ein absolutes Highlight ihrer Karriere. Wie war es für Sie als Oberligaspieler plötzlich gegen die besten U 20-Spieler der Welt zu spielen? Welche Erfahrungen haben sie aus dieser leider abgebrochenen WM für die Zukunft mitgenommen?
Justus Böttner: Auch für mich war die WM ein absolutes Karriere-Highlight und gleichzeitig eine große Herausforderung. Es war eine riesige Erfahrung und ich konnte unglaublich viel dort von den besten Spielern, z.B. Connor Bedard lernen. Eine der größten Erfahrungen war sich in kurzer Zeit in ein neues Team und Strukturen einzustellen aber auch mental stark und ganz bei sich zu bleiben.
E-M /J. R.: Sie haben nicht den typischen Weg in den DEB-Auswahlmannschaften genommen, waren eigentlich nie in den U16-, U17- oder U18-Auswahlteams eingeladen. Wurden Sie in den vergangenen Jahren übersehen oder haben Sie sich in den letzten Jahren so enorm weiterentwickelt, dass Sie erst jetzt dieses Topniveau erreicht haben und damit viele andere Spieler überholt haben?
Justus Böttner: Erstmals war ich in der U15 bei einem DEB Sichtungs-Lehrgang in Füssen dabei. Damals war ich aber noch zu jung im Kopf und spielerisch nicht auf dem Niveau, um das Trikot der Nationalmannschaft ausfüllen zu können. Ich habe mich stetig weiterentwickelt, hart an mir gearbeitet und hatte auch Glück mit meinem Trainer Raphael Joly, der mein Potential entdeckte und sich darum kümmerte, dass auch andere auf mich aufmerksam wurden und ich letztlich in die Nationalmannschaft berufen wurde. Außerdem war auch der Schritt in die Oberliga sehr wichtig und wertvoll. Dieser lies mich auf dem Eis erwachsener werden und reifen, da ich in vielen entscheidenden Situationen auf dem Eis stand. Für mich war dies genau der richtige Weg und das richtige Timing.
E-M /J. R.: Der Weg über die Oberliga scheint für junge Spieler durchaus auch möglich zu sein, um sich langfristig für den Profibereich empfehlen zu können?
Justus Böttner: Auf jeden Fall. Man kann in der Oberliga wahnsinnig gut in den Profibereich reinkommen. Vorallem die Anzahl an Eiszeit, die man hier in jungen Jahren bekommt, ist sehr wichtig für die Weiterentwicklung. Von den älteren Spielern, die ihre Erfahrungen bereits in der DEL und DEL2 gesammelt haben und ihren Erfahrungsschatz an uns junge Spieler weitergeben, kann man viel lernen. Das wichtigste ist, in jeder Liga die Eiszeit. Und von dieser bekommt man in der Oberliga in jungen Jahren mehr.
E-M /J. R.: Während die meisten anderen Spieler der U 20-Natonalmannschaft bei DEL- und DEL2-Clubs unter Vertrag stehen, spielen Sie in der Oberliga bei den Black Dragons Erfurt. Es dürfte eigentlich nur eine Frage der Zeit sein, bis auch Sie bei einem Club der DEL oder DEL2 spielen werden. Wie ist da der aktuelle Stand?
Justus Böttner: Ich fühle mich sehr wohl in Erfurt und Dresden. Die Kooperation gibt mir die Möglichkeit mich auch für die DEL2 Mannschaft in Dresden zu empfehlen und mich hier hochzuarbeiten. Das ist der Weg, den ich aktuell gehen möchte.
E-M /J. R.: Die Black Dragons Erfurt haben eine gut funktionierende Kooperation mit den Dresdner Eislöwen in der DEL2. Ist das für Sie für kommende Saison eine Option?
Justus Böttner: Ich bekomme die Gelegenheit Teile der Vorbereitung in Dresden zu absolvieren und kann hier erstmals DEL2 Luft schnuppern und mich hier empfehlen. Der Weg mit und über Dresden wäre auf jeden Fall ein sehr Spannender für mich.
E-M /J. R.: Im August steht die Fortsetzung der im Dezember abgebrochenen U20-WM an. Wie sind die Aussichten, dass Sie dafür wieder nominiert werden? Haben Sie Kontakt zu Tobias Abstreiter bezüglich der WM?
Justus Böttner: Natürlich hoffe ich mir wieder einen Platz im Team erarbeiten zu können. Mein aktueller Fokus liegt derzeit auf der Vorbereitung und mich durch meine Leistungen hierfür zu empfehlen.
E-M /J. R.: Wie sehen Sie die generelle Entwicklung im Nachwuchsbereich des Deutschen Eishockeys, auch in etwas kleineren Vereinen wie Erfurt? Was sollte sich Ihrer Meinung nach verbessern?
Justus Böttner: Die Entwicklung des deutschen Nachwuchsbereiches ist meiner Meinung nach sehr positiv, was man auch an den Leistungen von z.B. Tim Stützle, Moritz Seider und JJ Peterka sehen kann. Die Fortschritte kann man auch in der Nationalmannschaft beobachten, wo das Potential über die letzten Jahre immer mehr zugenommen hat und die eine super Entwicklung aufs Eis bringt. Kleinen Vereinen fehlt oft das Geld, um mit großen Clubs mithalten zu können. Aber der Weg mit Kooperationspartnern in der DEL2 und Oberliga ist ein super Weg und bietet jungen Spielern tolle Möglichkeiten.
E-M /J. R.: Das Deutsche Eishockey vor allem in der DEL wird von vielen Importspielern geprägt. Wäre es für junge Deutsche Spieler und für das Deutsche Eishockey nicht zielführender, wenn man diese Anzahl reduzieren würde, um bessere Möglichkeiten für junge Spieler zu schaffen?
Justus Böttner: Als junger Spieler muss man sich in jedem Team seinen Platz erarbeiten. Die Importspieler bringen unglaublich viel Erfahrung und Tempo aufs Eis und bieten uns die Möglichkeit aus deren Erfahrungsschatz zu schöpfen und von ihnen lernen zu können.
E-M /J. R.: Welche Ziele verfolgen Sie im Eishockey kurz- und welche langfristig? Welche Liga streben Sie langfristig an?
Justus Böttner: Mein kurzfristiges Ziel ist es den Sprung in die DEL2 zu schaffen, mich dort zu etablieren. Ich möchte noch mehr Erfahrung sammeln und dazulernen. Vielleicht ergibt es sich auch im Ausland weitere Erfahrungen zu sammeln – international sind für mich die skandinavischen Länder wie Dänemark und Schweden interessante Standorte.
Langfristig strebe ich eine Karriere in der DEL an.
Ich fokussiere mich aber auf einen Schritt nach dem anderen und möchte in jeder Liga und jedem Verein mein bestes Eishockey spielen.
E-M /J. R.: Herr Böttner, vielen Dank dass Sie sich Zeit genommen und unsere Fragen beantwortet haben!