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Füssen. (JR) Der Traditionsverein EV Füssen spielt aktuell in der Oberliga Süd und hat es dabei mit Clubs zu tun, die über deutlich größere... Füssens zweiter Vorsitzender Thomas Zellhuber im Interview: „Die Philosophie des EV Füssen war und ist es, auf junge Talente aus dem eigenen Nachwuchs zu setzen“

Thomas Zellhuber – © by EVF Media Archiv

Füssen. (JR) Der Traditionsverein EV Füssen spielt aktuell in der Oberliga Süd und hat es dabei mit Clubs zu tun, die über deutlich größere finanzielle Mittel verfügen.

Auch wenn die vergangene Saison sicherlich äußerst schwierig war, hat der Club in den vergangenen Jahren gezeigt, dass er in der Oberliga eine zuverlässige Größe sein kann. Der Club aus dem Allgäu hat in der Vergangenheit großes geleistet und gehört zu den Clubs, die eine große Bedeutung für das deutsche Eishockey haben. Wir haben dem zweiten Vorsitzenden des EVF, Thomas Zellhuber, ein paar Fragen zum EV Füssen und zu den Zukunftsaussichten des Clubs gestellt.

Eishockey-Magazin (EM) / Jörg Reich (JR): Hallo Herr Zellhuber, vielen Dank, dass wir Ihnen ein paar Fragen stellen dürfen!
Der EV Füssen hat sicherlich keine einfache Saison hinter sich gebracht. Zusätzlich musste der 1. Vorsitzende Lukas Jentsch aus gesundheitlichen Gründen zurücktreten. Wie ist aktuell die Situation beim EVF?

Thomas Zellhuber: Generell denke ich, haben es alle Vereine schwer mit den aktuellen Situationen umzugehen und stehen vor großen Herausforderungen. Die aktuellen Krisen der Welt machen auch vor dem Sport nicht halt. Gerade das Thema steigende Inflation könnte sich, nach Corona, erneut negativ auf das Zuschauerverhalten auswirken.
In unserem Verein laufen natürlich die Planungen für die neue Saison auf Hochtouren. Das betrifft nicht nur den Kader der 1. Mannschaft, sondern natürlich auch alle weiteren personell zu besetzenden Stellen sowie die allgemeinen Organisationsthemen.

E-M /J. R.: Sie sind 2. Vorsitzender und momentan wohl viel beschäftigt. Haben Sie ausreichend Unterstützung, um die anfallenden Aufgaben bewältigen zu können? Gibt es schon Kandidaten als Nachfolger von Lukas Jentsch für die Postion als 1. Vorsitzender?

Thomas Zellhuber: Unsere Vorstandsstruktur besteht derzeit aus 5 Personen, die zum größten Teil seit der Neugründung mit an Bord sind. Daher können wir das Ausscheiden von Lukas Jentsch temporär abfangen, da viele Themen aus den Vorjahren bekannt sind. Aber natürlich, die Arbeit ist mit Sicherheit mehr und intensiver geworden. Die Suche nach Kandidaten für das Amt des 1. Vorsitzenden gehört mit ebenfalls dazu, nur konzentriere ich persönlich mich aktuell mehr auf das operative Geschäft. Ziel ist es aber, bei der Mitgliederverwaltung über einen Vorsitzenden abstimmen zu können.

E-M /J. R.: Die sportliche Situation des Vereins hängt auch immer mit der finanziellen Seite und den Sponsoreneinnahmen zusammen. Wie ist der Club in diesem Bereich für die Saison 2022/2023 aufgestellt?

Thomas Zellhuber: Unsere Sponsorenstruktur ist aktuell so aufgebaut, dass eher viele Sponsoren mit geringeren Beträgen das Fundament bilden. Die Möglichkeit eines Hauptsponsors hat sich leider bisher noch nicht realisieren lassen und unsere Trikotbrust ist noch ohne Sponsor. Aber eventuell gelingt uns das nun mit unserem neuen Partner im Bereich „Vermarktung“ mit dem wir seit Juni 2022 zusammenarbeiten. Hier erhoffen wir uns eine Professionalisierung in diesem Bereich und freuen uns auf die spannende Zusammenarbeit.

Thomas Zellhubers aktive Karriere in Zahlen

E-M /J. R.: Die 1. Mannschaft des EV Füssen wird in der Regel überwiegend von Spielern aus dem eigenen Nachwuchs gebildet, ergänzt von einigen wenigen auswärtigen Spielern. Wird der Kader für die Saison 2022/2023 auch dieses Muster haben?

Thomas Zellhuber: Die Philosophie des EV Füssen war und ist es, auf junge Talente aus dem eigenen Nachwuchs zu setzen und dahin zielt auch unsere Ausbildung im Nachwuchsbereich. Somit werden wir auch in der neuen Saison diesen Weg weiter gehen. Dass der ein oder andere von uns ausgebildete Spieler dann den Verein verlässt, ist leider Teil des Geschäftes und hier wäre eine Entlohnung wünschenswert. Ein Wechsel gibt dann aber auch wieder Möglichkeiten für Spieler aus den eigenen Reihen sich zu beweisen. Da in dieser Saison auch einige arrivierte Spieler ihre Karrieren beenden, muss jedoch zusätzlich ebenso diese Lücke geschlossen werden.

E-M /J. R.: Wird es weiterhin eine Zusammenarbeit mit dem ESV Kaufbeuren geben, sowohl im Nachwuchs als auch mit den 1. Mannschaften? Wie wird diese ausschauen?

Thomas Zellhuber: Das Thema Kooperation mit dem ESV Kaufbeuren ist auf Grund der früheren Rivalitäten beider Vereine ein sehr emotionales Thema. Wenn wir jedoch gegen die großen Standorte wie Mannheim, Berlin oder in Zukunft auch München im Nachwuchs mithalten wollen so sind beide Vereine davon überzeugt, dass es nur gemeinsam geht. Die Kommunikation auf Trainer- und Managementebene funktioniert einwandfrei und das ist die Grundlage der Zusammenarbeit. Daher werden wir auch weiterhin Spieler aus dem DNL1 Team des ESV Kaufbeuren in der Oberliga zum Einsatz bringen. Und wenn man so will, dann hat das Konzept auch schon Früchte getragen. Denn immerhin war Kaufbeuren letzte Saison im Halbfinale der DNL mit Spielern vertreten, welche beim EV Füssen Oberligaerfahrung gesammelt haben.

Wenn wir jedoch gegen die großen Standorte wie Mannheim, Berlin oder in Zukunft auch München im Nachwuchs mithalten wollen so sind beide Vereine davon überzeugt, dass es nur gemeinsam geht.

E-M /J. R.: Die Oberliga hat sich in den vergangenen Jahren immer mehr zu einer Profiliga entwickelt. Wie sehen Sie aktuell die Entwicklung der Oberliga?

Thomas Zellhuber: Diese Entwicklung sehen wir durchaus kritisch. Besonders vor dem Hintergrund, dass sich alle Vereine bei der Ligentagung vor Corona darauf geeinigt hatten, dass die Oberliga eine „Ausbildungsliga“ ist. Leider hat sich das seitdem in eine ganz andere Richtung entwickelt und immer weniger junge Spieler erhalten die Möglichkeit in den entscheidenden Phasen auf dem Eis zu stehen um wertvolle Erfahrungen zu sammeln, was für deren Entwicklung extrem wichtig ist.

E-M /J. R.: Man hat das Gefühl einige Clubs der Oberliga wollen mit aller Macht den Aufstieg in die DEL2 erzwingen und verpflichten für die Oberliga große Namen. Zusätzlich hat man beschlossen, einen dritten Kontingentspieler verpflichten zu können. Ist dies der richtige Weg für diese Liga?

Thomas Zellhuber: Das Gefühl kann ich nur teilen und es stellt sich schon die Frage, ob das auf Dauer gesund sein kann? Schließlich kann laut den Regularien nur ein Verein pro Saison aufsteigen. Wenn sich nun aber zum Beispiel 8 Vereine den Aufstieg als Ziel setzen, so werden 7 mit Sicherheit ihr Ziel nicht erreichen und das trägt doch dann ein großes Enttäuschungspotential in sich. Die dritte Kontingentstelle wurde für dieses Jahr beschlossen und es bleibt abzuwarten ob die Vereine sowie der Verband sich auf die angestrebte Reduzierung in 2023/2024 einigen können. Dem Nachwuchs wäre das durchaus zu wünschen.

E-M /J. R.: Die Oberliga Süd besteht aktuell aus 13 Mannschaften. Die obere Hälfte an Teams strebt die DEL2 an, die untere Hälfte ist froh darüber in der Liga zu sein und kämpft darum, mit den Topteams mithalten zu können. Sehen Sie das ähnlich?

Thomas Zellhuber: Das sehe ich durchaus ähnlich und wir sehen uns selbst als einen Verein an, der um den Verbleib kämpft. Das schöne am Sport ist allerdings, dass auch jedes noch so „kleine“ Team die Chance hat ein „großes“ Team zu schlagen oder ihnen zumindest ein Bein zu stellen.

E-M /J. R.: Wäre es für Clubs wie den EV Füssen und auch die Stabilität der Liga nicht besser, wenn die Oberliga Süd auf 14 oder vielleicht sogar 16 Teams aufgestockt werden würde?

Thomas Zellhuber: Absolut, und das muss auch weiterhin das Ziel sein welches es anzustreben gilt. Wir sind sehr froh, dass sich der EHC Klosterseee dazu entschlossen hat den Aufstieg wahrzunehmen und dadurch die Oberliga auf 13 Teams in der neuen Saison zu bringen. Die Entwicklung hängt natürlich auch immer davon ab, ob ein Team aus dem Norden oder dem Süden aufsteigt bzw. aus der DEL2 absteigt.

Insgesamt sind wir sehr stolz auf unsere Jugendarbeit und auf das Erreichen von 4 Sternen im DEB Nachwuchskonzept.

E-M /J. R.: Der EV Füssen ist für seine gute Jugendarbeit in der Vergangenheit bekannt. Wie läuft es im Nachwuchs aktuell? Wie sind die Teams in Sachen Qualität und Quantität bestückt?

Thomas Zellhuber: Wir haben in den letzten Jahren unsere Nachwuchsarbeit, besonders im Bereich der U11 und jünger, intensiviert und auch aktiv investiert. Mit Andreas Jorde haben wir einen absoluten Fachmann für diese Altersklasse als Hauptverantwortlichen gewinnen können und seine Arbeit lässt sich im Zulauf an Kindern messen. Durch diese erfolgreiche Arbeit werden wir ab dieser Saison zwischen den Altersklassen U6 und U9 je Jahrgang eine Mannschaft stellen können, also mit bereits 4 Mannschaften an den Start gehen können. Bis diese Kinder im Seniorenalter angekommen sind, dauert es natürlich bis zu 12 Jahren, aber das ist das Zeitinvestment welches man eingehen muss wenn man Spieler ausbilden möchte. Die Bereiche ab der U11 sind quantitativ leider nicht ganz so stark bestückt, aber auch hier sind wir in fast jeder Altersklasse in der sportlich höchsten Liga vertreten oder kämpfen darum dort einen Platz zu ergattern. Hier haben wir mit Martin Schweiger einen weiteren hauptamtlichen Trainer für die neue Saison engagiert. Insgesamt sind wir sehr stolz auf unsere Jugendarbeit und auf das Erreichen von 4 Sternen im DEB Nachwuchskonzept.

E-M /J. R.: Wird der EV Füssen in den kommenden Jahren weiterhin ausreichend Spieler für die 1. Mannschaft selbst ausbilden können? Gibt es Spieler aus dem Nachwuchs, die zur kommenden Saison in die 1. Mannschaft aufrücken werden?

Thomas Zellhuber: Auf jeden Fall und das haben wir ja auch schon in der Vergangenheit unter Beweis gestellt, dass wir das auch umsetzen. Aktuell sehe ich persönlich für 4-5 Spieler aus dem DNL Kader die Chance sich Einsätze in der 1. Mannschaft zu erarbeiten, aber jeder hat die Chance dazu. Man muss als Verein aber auch den Mut haben, die Spieler einzusetzen und Ihnen die Zeit geben Erfahrungen zu sammeln, denn von Beginn an haben die wenigsten den Schritt sofort umsetzen können. Diese Zeit sollen und werden sie bei uns bekommen und unser Trainer ist explizit dazu angehalten dies umzusetzen.

Thomas Zellhuber als Aktiver – © Eh.-Mag.

E-M /J. R.: Der EV Füssen hat in den vergangenen Jahren einige Spieler für DEL und DEL2-Teams entwickelt, worauf man mächtig stolz sein kann. Leider wechseln diese Spieler zum Karriereende hin nur noch sehr selten zum EVF zurück, sondern gehen nach Memmingen,, Rießersee, Lindau oder Peiting. Woran liegt das?

Thomas Zellhuber: Das ist eine wirklich gute Frage, denn bisher sind alle Versuche diesbezüglich quasi gescheitert und hier wurde viel Zeit investiert. Sicherlich spielt auch der finanzielle Aspekt eine Rolle, zumindest wenn sich ein Spieler entschließt nochmal in der Oberliga zu spielen. Dann fällt es uns besonders schwer bzw. ist es für uns unmöglich diese Gehälter der Konkurrenz zu bezahlen. Auf der anderen Seite muss man auch akzeptieren, dass Spieler wie Michael Wolf oder Andreas Driendl ihr Karriereende im Profibereich erleben möchten, da sie einen großen Qualitätsanspruch an sich selbst haben. So schön die Vorstellung auch ist, dass diese Spieler doch noch ein oder zwei Jahre für ihren Heimatverein spielen könnten. Aber wir werden auch in Zukunft versuchen ehemalige Spieler für unseren Weg zu begeistern.

E-M /J. R.: Gibt es eventuell doch den ein oder anderen Rückkehrer zur kommenden Saison, z.B. ein Kilian Keller?

Thomas Zellhuber: Wie gerade beschrieben sieht es im Moment nicht danach aus, aber wir lassen uns gerne im Sommer noch überraschen.

E-M /J. R.: Zum Abschluss noch eine Frage zum gesamten Deutschen Eishockey. Wie sehen Sie die Entwicklung im Deutschen Eishockey generell, vor allem in der DEL, der Nationalmannschaft und dem Nachwuchs?

Thomas Zellhuber: Das deutsche Eishockey hat in den letzten Jahren einige positive Schlagzeilen geschrieben. Gerade die Silbermedaille bei den Olympischen Spielen hat für internationale Aufmerksamkeit gesorgt. Dazu noch die vielversprechenden Spieler in der NHL wie Leon Draisaitl, Moritz Seider und auch der Füssener Thomas Greiss. Er ist seit Jahren ein Aushängeschild des deutschen Eishockeys in Nordamerika und der Welt. Umso verwunderlicher, dass in Deutschland immer noch so hohe Hürden für junge deutsche Spieler vorherrschen und den Profibereich durch Kontingentspieler quasi blockieren. Hier würde ich mir etwas mehr Mut wünschen das Vertrauen in deutsche Spieler zu setzen, was sich dann auch in der Nationalmannschaft auszahlen würde. Wie in der Jugendarbeit der Vereine braucht es aber auch hier viel Geduld und weniger das Streben nach dem kurzfristigen Erfolg. Aber genau das ist im Eishockey, oder wahrscheinlich in vielen Sportarten, extrem schwer miteinander zu vereinbaren.

E-M /J. R.: Herr Zellhuber, vielen Dank dass Sie sich Zeit genommen und unsere Fragen beantwortet haben!
(Jörg Reich)

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