München. (PM) Die Frauen-Nationalmannschaft unteliegt den USA im Halbinale der 2017 IIHF Frauen Eishockey-Weltmeisterschaft in Plymouth (USA) deutlich mit 11:0 (2:0/5:0/4:0) und spielt damit heute um 21.30 Uhr deutscher Zeit gegen Finnland um die Bronzemedaille.
Mit einem bisher sensationellen Auftritt schaffte die deutsche Frauen Eishockeynationalmannschaft bei der WM in Plymouth erstmals seit Bestehen den Einzug in ein WM-Halbfinale. In der Vorrunde hatte die Mannschaft von Benjamin Hinterstocker Schweden mit 3:1 und Tschechien mit 2:1 bezwungen, nur gegen die Schweiz mit 2:4 verloren und war vorzeitig ins Viertelfinale eingezogen. Dort bezwangen die Deutschen auch den letztjährigen Bronzemedaillengewinner Russland mit 2:1 und qualifizierten sich so für die Vorschlussrunde.
Jetzt musste – oder durfte – das junge deutsche Team gegen den siebenfachen Weltmeister, Titelverteidiger und Gastgeber USA ran. Lange Zeit stand es in den Sternen, ob die Amerikanerinnen überhaupt bei dieser Weltmeisterschaft antreten würden. Die Spielerinnen traten zwei Wochen vor Beginn in einen Streik und forderten vom amerikanischen Verband mehr Gleichberechtigung sowie eine angemessene finanzielle Entschädigung. Erst zwei Tage vor dem ersten Spiel einigten sich beide Parteien schließlich und einem Auftritt des Weltmeisters im eigenen Land stand nichts mehr im Wege.
Als einziges Team hatte die USA im bisherigen Turnierverlauf noch keinen Punkt abgegeben. Gegen den Erzrivalen Kanada gewannen die Amerikanerinnen in der Vorrunde mit 2:0, Russland wurde 7:0 bezwungen und nur gegen Finnland hatte die US Auswahl beim 5:3 etwas mehr Mühe als erwartet. Als Erster der Gruppe A waren die Frauen der USA dann bereits fürs Halbfinale qualifiziert und somit einen zusätzlichen Tag frei.
Die deutsche Bilanz gegen die Nordamerikanerinnen spricht Bände: zehn Mal trafen beide Mannschaften seit 1994 aufeinander und es gab zehn Niederlagen für die DEB-Auswahl (mit 5:102 Tore). Unvergessen bleibt der Auftritt der deutschen Frauen bei den olympischen Spielen 2006 in Turin, als die damals 19-jährige Torhüterin Jennifer Harß ihr Olympia Debut gab und vom ganzen Stadion mit „Standing Ovation“ gefeiert wurde. Dieses 0:5 aus Sicht der Deutschen war auch das bislang beste Ergebnis gegen die Mannschaft aus den USA.
Das letzte Aufeinandertreffen liegt nun bereits neun Jahre zurück, damals gab es in Harbin (China) eine 1:8 Niederlage. Nachfolgend wurde das Turnierformat bei der Frauen-Weltmeisterschaft geändert und man traf nicht mehr aufeinander. „Für unsere Mannschaft ist das ein Riesenerfolg und eine große Ehre, hier im Halbfinale zu stehen“ so DEB Teammanager Peter Gemsjäger.
Die Amerikanerinnen begannen wie erwartet mit enormen Druck und es dauerte nur 66 Sekunden, bis die ganz in blau spielenden WM Gastgeber durch Hilary Knight in Führung gehen konnten. Wenige Sekunden später musste dann US Torhüterin Nicole Hensley bei einem Schuss von DEB-Kapitänin Julia Zorn zum ersten Mal eingreifen. Nach acht Minuten bewahrte der Pfosten die deutsche Auswahl vor einem höheren Rückstand. Kurz darauf dann doch das 0:2 aus deutscher Sicht. Ein Schuss von Kelli Stack wurde zweifach abgefälscht und Jennifer Harß war machtlos. Die deutsche Torfrau stand weiterhin im Brennpunkt des Geschehens, doch sie und ihrer Vorderleute überstanden auch ein zweiminütiges US Powerplay schadlos. Die beste Möglichkeit zum Anschlusstreffer hatte Nina Kamenik, die von Andrea Lanzl in Szene gesetzt wurde aber die Scheibe nicht im gegnerischen Kasten unterbringen konnte (15. Min). Mit diesem 0:2 wurden dann erstmals die Seiten gewechselt.
Der zweite Abschnitt begann dann mit einer erneuten Hinausstellung gegen eine deutsche Spielerin. Kurz vor dem Ende dieser Strafzeit erhöhte Kendall Coyne für den amtierenden Weltmeister auf 0:3 (23. Min). Dann machten die US Girls richtig ernst und schraubten das Ergebnis binnen vier Minuten auf 0:7 in die Höhe. Frauen-Bundestrainer Benjamin Hinterstocker wechselte daraufhin die Torhüterin und brachte Ivonne Schröder für Jennifer Harß. Sie durfte gleich mehrfach ihr Können beweisen und die DEB-Auswahl fand wieder ihre Linie und zurück ins Spiel. Mit viel Laufarbeit gelang es, weitere Gegentreffer bis zum Ende des mittleren Anschnitts zu vermeiden. Dabei verpasste kurz vor der Pausensirene Kerstin Spielberger bei einem der wenigen Breaks den ersten deutschen Treffer haarscharf.
Auch im letzten Abschnitt änderte sich an der Dominanz der USA wenig, und Amanda Pelkey (45.), Monique Lamoureux (54.) sowie Haley Skarupa (55.) machte es zweistellig. Den Schlusstreffer erzielte dann Alex Carpenter 13 Sekunden vor dem Schlusspfiff.
DEB-Frauen treffen im Bronzespiel auf Finnland / Zorn: „Haben Charakter gezeigt und uns nicht hängen lassen“
Frauen-Bundestrainer Benjamin Hinterstocker: „Wir haben über 60 Minuten sehr intensiv und konzentriert gespielt. Unsere Mannschaft musste sich heute im fünften Turnierspiel mit einer der weltbesten Mannschaft messen. Der gesamte Fokus gilt nun dem morgigen Spiel gegen Finnland um Platz drei.“
Stefan Schaidnagel, Bundestrainer Wissenschaft und Ausbildung: „Die USA waren der erwartet schwere Gegner. Wir haben gegen den amtierenden Weltmeister und Titelanwärter gespielt, welcher uns zeigt was im Fraueneishockey für Potenziale stecken. Für uns steht im Vordergrund das sehr positive Ergebnis dieser WM richtig einzuordnen und den Moment des erstmaligen Erreichens eines Halbfinales bei einer WM sinnvoll zu nutzen. Die Mannschaft hat sich belohnt, hat sich diesen Erfolg erarbeitet und wir werden gemeinsam versuchen die richtigen Weichen für eine nachhaltige und erfolgreiche Zukunft zu stellen. Dass wir Morgen gegen Finnland um eine Medaille spielen bestätigt den eingeschlagenen Weg, den wir weitergehen werden.“
Julia Zorn, Mannschaftskapitänin: „Die Amerikanerinnen spielen noch in einer anderen Liga. Das Ergebnis mag zwar hoch erscheinen, aber dennoch haben wir heute Charakter gezeigt und uns nie hängen lassen. Insgesamt haben wir ein riesen Turnier gespielt, werden uns aber nicht darauf ausruhen. Morgen gegen Finnland werden wir versuchen, unser bestes Eishockey zu zeigen.“
Ivonne Schröder: „Es war ein unheimlich schweres Spiel und die Amerikanerinnen wirklich sehr gut. Unsere Vorderleute haben uns Torhütern sehr geholfen und über dreißig Schüsse geblockt. Jetzt heißt es regenerieren und Morgen versuchen, unseren großen Traum zu realisieren.“
Sophie Kratzer: „Wir sind recht stolz darauf, dass wir versucht haben, uns gegen den Weltmeister nicht nur hinten rein zu stellen, sondern mitzulaufen und zu attakieren.“
Die Statistik zum Spiel finden Sie hier: http://www.worldwomen2017.com
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