Eishockey-Magazin

Eishockey News, Videos, Fotos, Stories – – – alles kostenlos seit 25 Jahren

Iserlohn. (MK) Neun Tage nach dem letzten DEL-Hauptrundenspiel in München und dem damit verbundenen Saisonende, zogen die Iserlohn Roosters gegenüber den Medienvertretern eine detaillierte... Fehleranalyse bei den Iserlohn Roosters: Junge deutsche Spieler waren fitter als die Importspieler – Versäumnisse in der Vorbereitung

Von links: Wolfgang Brück, Greg Poss und Christian Hommel – © Sportfoto-Sale (MK)

Iserlohn. (MK) Neun Tage nach dem letzten DEL-Hauptrundenspiel in München und dem damit verbundenen Saisonende, zogen die Iserlohn Roosters gegenüber den Medienvertretern eine detaillierte Saisonbilanz.

Headcoach Greg Poss, Sportchef Christian Hommel und Klub-Boss Wolfgang Brück zogen dabei eine offene, ehrliche und ungeschminkte Saisonbilanz und gingen dabei zumindest in großen Teilen auch auf verschiedene Einzelheiten ein.

Christian Hommel: „Entscheidungen einiger Spieler waren mehr für den eigenen Namen als für den Erfolg der Mannschaft“

Platz 13 in der Endabrechnung stellte letztendlich niemanden zufrieden. Wolfgang Brück erklärte: „Wenn man nach einer solchen Saison viel aufzuarbeiten hat, dann spricht das erst einmal dafür, dass man seine sich selbst gesetzten Ziele nicht ganz erreicht hat. Das allerwichtigste Ziel war für mich, dass wir nicht den Gang in die zweite Liga gehen müssen. Wobei ich auch da als Randbemerkung anmerken möchte, dass ich hoffe, dass es uns nie treffen wird. Aber die letzten ein bis zwei Jahre zeigen auch, dass es in der zweiten Liga weitergeht. Für uns war es das erste Ziel nicht auf einem Abstiegsplatz zu stehen. Und dieses erste Ziel haben wir erreicht. Darüber bin ich sehr erleichtert und zufrieden. Als Botschaft mit nach draußen, möchte ich sagen, dass man bei aller berechtigter Kritik sehen sollte, wie schnell auch große Traditionsvereine mit wirtschaftlich anderen Möglichkeiten den Gang in die zweite Liga gehen müssen oder davon bedroht sind. Wir hatten uns das Erreichen der Playoffs als Ziel gesetzt. Das Nicht-Erreichen ist dann immer ein bisschen negativ besetzt, aber es geht auch immer um die Art und Weise. Gerade die beiden hohen Niederlagen zum Ende der Saison haben mich, höflich ausgedrückt, emotional nicht glücklich gemacht.“

Christian Hommel ging noch einmal auf den schwierigen Saisonstart und den relativ früh erfolgten Trainerwechsel ein. „Greg Poss hat es dann geschafft die Mannschaft zu stabilisieren. Wir mussten aber dann einen Systemwechsel vornehmen, um der Mannschaft aufgrund ihrer Qualität eine Möglichkeit zu geben in dieser Liga mitzuspielen. Am Ende enttäuscht mich die Art und Weise. Es sind nicht nur die hohen Niederlagen, die wir hatten. Es sind auch die Spiele, in denen wir klare Führungen abgegeben haben. Die Entscheidungen einiger Spieler in diesen Spielen waren mehr für den eigenen Namen, als für den Erfolg der Mannschaft.“

Fitness ein großes Thema

In ihrer Analyse stellte die sportliche Führung fest, dass es im Fitnessbereich einen kaum zu kaschierenden Unterschied zwischen den deutschen Cracks und den Importspielern gab. So hätten die vielen deutschen Spieler gemeinsam mit den Athletiktrainern und Fitnesspartner B2B einen guten Job gemacht. Defizite habe man aber früh bei einigen Importspielern erkannt. Außerdem gab es Kritik am nicht sonderlich intensiven Trainingslager. Nicht ganz ungeschoren kam auch Kurt Kleinendorst, Vorgänger von Headcoach Greg Poss, weg. Aufgrund familiärer Probleme habe man einen anderen Menschen nach der Sommerpause angetroffen als noch in der Vorsaison. „Durch seine belastende Familiensituation in Amerika hatte sich ein Wandel bei ihm vollzogen. Wir haben das relativ früh gemerkt und auch versucht ihn zu unterstützen. In der Vorbereitung haben wir schon sehr schnell gemerkt, dass es zu Nachlässigkeiten gekommen ist. Ich beschreibe das immer so: Man muss einem Kind, wenn man es erziehen will, klare Leitplanken aufzeigen und wenn das Kind versucht über die Leitplanke zu klettern, dann muss man wenigstens mal etwas dazu sagen. Beim zweiten Mal muss man dann auch mal Sanktionen aussprechen. Genau diese Themen sind dann nicht durchgesetzt worden“, blick Wolfgang Brück auf die Vorbereitungszeit zurück. Frühzeitig hätte man Probleme angesprochen, Personalien diskutiert, aber letztlich auf die Expertise und die Erfahrung des Coaches vertraut. Nicht zuletzt, um diesen nicht frühzeitig in der Saison anzuzählen. Nach dem aus Sicht der Verantwortlichen, unvermeidbaren Wechsel hinter der Bande, habe Greg Poss das Team stabilisiert. Man habe aber auch einen Systemwechsel vornehmen müssen, um unter den gegebenen Umständen die erforderlichen Punkte einzufahren. „Hätten wir die ganze Saison so offensiv und aggressiv gespielt wie Augsburg, dann wären wir abgestiegen“, so das nüchterne Fazit dazu von Greg Poss.

Christian Hommel vermisste in dieser Saison die Identität der Mannschaft und Wolfgang Brück wünscht sich eine klare Philosophie, an der man die Roosters-Spielweise erkennt. Greg Poss ergänzte: „Iserlohn ist eine Arbeiterstadt, wir haben laute und leidenschaftliche Fans, und genau so müssen wir Eishockey spielen.“

Das große Ganze verliert Brück dabei nicht aus den Augen: „Die Iserlohn Roosters sind nicht nur eine Profimannschaft in der DEL, sondern es ist auch eine hervorragend funktionierende Nachwuchsabteilung mit einigen hundert Kindern und Jugendlichen und einem tollen Team, das auch eine soziale Verantwortung und gesellschaftliche Stellung hat.“

Sommertraining beginnt – Klare Vorstellungen von Greg Poss

Bereits in der kommenden Woche beginnen die deutschen Spieler mit dem Sommertraining. Zu den Importspielern will insbesondere Greg Poss einen wesentlich intensiveren Kontakt in den kommenden Wochen pflegen, als es im letzten Jahr bei den Roosters der Fall war. Bezüglich der Fitness wurden mit den unter Vertrag stehenden Spielern sogenannte „Ausgangstests“ in der vergangenen Woche gemacht. Mit individuellen Programmen will man gerade den jungen Spielern in diesem Bereich weitere Fortschritte ermöglichen. Spätestens bei den Eingangstests Anfang August wird man sehen, wie intensiv auch die „Imports“ über den Sommer gearbeitet haben. Poss erwartet Anfang August einen körperlich gut austrainierten Kader. Er skizzierte, dass man zum Saisonstart die Spielfitness vom Dezember schon erreicht haben will und sich bis zur Pause im November möglichst einen Punktevorsprung erarbeitet haben will. Die Intensität soll im Spiel, wie im Training gleich hoch möglich sein. Das habe in dieser Saison gefehlt.

Das älteste DEL-Stadion

Wolfgang Brück wies auf einen weiteren Aspekt hin, den viele Leute vergessen würden. „Wir haben das älteste Stadion in der Liga. Und dieses Stadion bringt auch bestimmte Einschränkungen mit sich. Wir haben keine zweite Eisfläche und wir sind von den Räumlichkeiten, sowie von all dem, was den Profisport ausmacht letztes Jahrhundert. Unsere jungen Spieler fahren im Sommer fünf Mal in der Woche zu B2B nach Dortmund, da wäre es schön, wenn sie hier zur besseren Vorbereitung auch eine Eisfläche zur Verfügung hätten. Das ist sicherlich kein Vorteil, sondern ein Wettbewerbsnachteil. Das werden wir immer kompensieren müssen und als Rucksack mitschleppen. Deswegen ist das für mich eine große Sorge. Wenn wir auf die harten Rahmenbedingungen kommen, dann reden wir über Geld und die wirtschaftlichen Möglichkeiten. Diese sind auch mit der guten Auslastung in diesem Jahr beschränkt. Wenn ein Verein 6000 bis 8000 Zuschauer im Schnitt generieren kann und ich kann nur 4500 Zuschauer generieren, dann fehlen mir jedes Jahr eins bis drei Millionen Euro, die ich nicht in die Mannschaft stecken kann. Trotz aller hehren Ziele haben wir beschränkte Möglichkeiten. Und was wir auch einpreisen müssen: Ohne die Gesellschafter gäbe es kein Hockey in Iserlohn“, so Brück.

Christian Hommel – © Sportfoto-Sale (MK)


Vertrauen der Gesellschafter in Christian Hommel

Bei den Anhängern stand zuletzt Sportchef Christian Hommel stark in der Kritik. Hommel, wie auch Klubchef Wolfgang Brück, räumten Fehler ein. Viele Entscheidungen seien im Team getroffen worden. Mit Kurt Kleienndorst habe es schon früh in der Saison kontroverse Diskussionen gegeben. Hier räumte man ein, zu sehr auf die langjährige Erfahrung und Expertise des US-Amerikaners gehört zu haben. So seien Spieler verpflichtet worden, die nicht zum ursprünglich geplanten System gepasst hätten. Zugleich wurde aber keineswegs die Schuld am verkorksten Saisonstart nur beim Ex-Coach gesucht. Das wäre sicherlich auch zu einfach.

Wolfgang Brück ist davon überzeugt, dass sein sportlicher Leiter, aber auch sein Trainerteam aus Fehlern und der zurückliegenden Saison lernen werden. Greg Poss und Christian Hommel zeigten sich zuversichtlich, dass sie nun sehr einig über das zukünftige System sind und danach die entsprechenden Spieler auswählen werden. In der neuen Saison sollen die Roosters aggressiver, schneller und druckvoller werden, aber sie sollen auch wesentlich weiter vor dem Tor schon verteidigen. Dadurch soll dem Gegner Zeit und Platz genommen werden. „Wir haben ein super Trainerteam mit all den Jungs in der Kabine und wir sind alle begeistert davon diesen Weg zu gehen“, erklärte Greg Poss.

Wolfgang Brück blickte noch einmal auf die letzten vier Jahre unter Christian Hommels sportlicher Leitung zurück. „Wir haben uns damals für ihn entschieden und ihn ins eiskalte Wasser geworfen, weil er alles mitbringt, was man für diesen schweren Job braucht. Einzig was ihm fehlt ist die Erfahrung, die er als junger Mann nicht haben kann und natürlich kann er auch nicht das Netzwerk haben, wie jemand, der diesen Job schon 15 Jahre lang macht. Wir müssen auch berücksichtigen, dass er gerade in den Corona-Jahren durch die Reisebeschränkungen wenig scouten konnte und gerade in dieser schweren Zeit unter extremen Bedingungen einen guten Job gemacht hat.“

Der Druck sei natürlich groß, aber alle sind zuversichtlich es nun besser zu machen. Man hat Vertrauen ineinander. „Den größten Druck mache ich mir selbst“, ergänzt Christian Hommel, der von den Gesellschaftern das Vertrauen ausgesprochen bekam.

Die Konstellation am Seilersee ist nun aber nicht völlig anders als vor einem Jahr. Der immer noch junge sportliche Leiter hat erneut einen erfahrenen Trainer an seiner Seite. Allerdings scheint es nun wesentlich mehr Einigkeit über die Philosophie zu geben. Beide, Poss und Hommel, „leben“ die Iserlohn Roosters. Entscheidungen sollen und werden in Zukunft gemeinschaftlich gefällt werden, wenngleich im Falle eines Falles der sportliche Leiter das allerletzte Wort hat.

Brück zu Plakaten und Kritik

Wolfgang Brück – © Sportfoto-Sale (MK)

Zu der zuletzt immer größer werdenden Kritik und den im Heimspiel gegen Köln gezeigten Plakaten redete sich Iserlohns Klubchef regelrecht in Rage: „Ich und meine Mitstreiter haben auf so eine Saison überhaupt keinen Bock, weil es kostet uns eine ´Schweine-Kohle´. Es kostet uns alle Geld. Und wer soll Bock drauf haben Geld zu zahlen und noch beschimpft zu werden? Ich habe ehrlicherweise überhaupt kein Problem damit, dass Menschen sich äußern und erst Recht mir erzählen, dass ich keine Ahnung habe. Da kann ich total mit umgehen. Die bezahlen Eintritt, haben das Recht mir zu erklären was für eine Bratwurst ich bin und dürfen Banner aufhängen. Wo ich ein Problem mit habe, ist die Art und Weise und der Wortschatz wie gesprochen wird, wenn wir zum Beispiel eine Ehrung vornehmen, bei der ein für das deutsche Eishockey verdienter Spieler zufälligerweise bei uns hier sein 1000. Spiel bestreitet. Ich empfinde es einfach aus Respekt diesen Menschen zu ehren. Wenn ich dann Transparente lese, die wirklich unterste Schublade sind, dann habe ich ein Riesenproblem damit.“ Und weiter: „Das zeigt mir, dass hier in dieser kleinen Gruppe etwas absolut falsch läuft. Ich glaube von denen ist kein Einziger Vereinsmitglied. Deren einzige Aufgabe ist es ihre eigene Unzufriedenheit mit solchen polemischen Beleidigungen zu äußern. Das geht mir total gegen den Strich. Das sind nicht die Werte, die wir als Verein verkörpern. Wir sagen ganz klar, dass wir keinen Rassismus, keine Diskriminierungen und keine Beleidigungen von Menschen wollen. Das ist nur peinlich.“ Zur Ansprache einiger Anhänger zur Mannschaft kurz nach Saisonbeginn erklärte Brück: „Sie haben einen gewissen Ansatz, den ich leidenschaftlich gut finde. Wo wir aber überhaupt nicht auf einen Nenner kommen, ist wenn es Gewalt gibt oder wenn Menschen so beleidigt werden, was absolut nichts mit unseren Werten zu tun hat. Die klare Aussage ist: Ich persönlich setze mich mit allem auseinander. Ich freue mich, wenn sie Plakate aufhängen, würde es aber natürlich auch besser finden, wenn sie mal in eine sachliche Diskussion einsteigen würden. Ich bin genau so enttäuscht. Aber im Gegensatz zu denen kostet es mich noch mein eigenes Portemonnaie. Das ändert nichts daran, dass die auch ihren Unmut äußern sollen, aber nicht in dieser Art und Weise. Das sind nicht die Iserlohn Roosters.“

Trotz Vertrag bleibt bei einigen Spielern Raum für Spekulationen – Donnerstag können Fans Fragen stellen

Elf Abgänge wurden bereits am Vergangenen Freitag vermeldet und 19 Spieler stehen offiziell für die Spielzeit 23/24 unter Vertrag. „Wir vermelden dann etwas, wenn es etwas zu vermelden gibt“, so Christian Hommel auf Nachfrage, ob denn auch die zum Teil stark enttäuschenden Spieler trotz Vertrag in der kommenden Saison am Seilersee auflaufen werden. Verständlicherweise will man sich hier zum aktuellen Zeitpunkt nicht in die Karten schauen lassen. Raum für Spekulationen bleibt also in dieser Frage.

Zu den „aussortierten“ Spielern zählen auch unter anderem Topscorer Kaspars Daugavins und Sturmkollege Emile Poirier. „Bei Kaspars und Emile war sicherlich das mangelnde Defensivverhalten mit ausschlaggebend. Doch auch im Powerplay und in der Vorwärtsbewegung möchten wir zukünftig mehr Tempo und Flexibilität haben“, erklärte Christian Hommel rückblickend.

Greg Poss wird am Wochenende in Richtung Heimat aufbrechen und von dort aus viele Spiele beobachten und Spieler scouten. Schon jetzt hat man viele Videos gesichtet. Christian Hommel wird ebenfalls auf Scoutingtour sein. Insgesamt sei das Scouting auf mehreren Schultern verteilt, als noch vor einigen Jahren. Gesucht werden in Nordamerika und Europa vor allem hungrige Spieler. Das bedeutet allerdings nicht, dass man nun ausschließlich auf Europa-unerfahrene Spieler schaut. Bereits im Juni möchte Greg Poss zurück in der Waldstadt sein, um etwas Zeit mit seinen Töchtern zu verbringen und natürlich auch, um die Saison vorzubereiten.

Der nächste offizielle Termin findet am Donnerstag ab 18 Uhr statt, wenn sich Trainer Greg Poss und der sportliche Leiter Christian Hommel auf dem YouTube-Kanal der Roosters den Fragen der Fans stellen. Die Anhänger können bereits ab Mittwoch über Instagram an die Roosters Fragen und Anregungen einreichen.

Es bleibt also noch viel zu tun bis August. Wenn am 25. April 2024 der Iserlohner EC sein 30- jähriges Bestehen begeht, möchte man auf eine hoffentlich deutlich erfolgreichere Spielzeit zurückblicken.






Eishockey-Magazin

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert