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Iserlohn. (MK) Nein, Aufgeben kann und darf keine Option für die Iserlohn Roosters sein. Nach dem ersten Saison-Drittel mit 18 absolvierten Spielen in der... „Die Drittelpause“: Versetzung gefährdet! Die Iserlohn Roosters laufen ihrer Konkurrenz bislang nur hinterher

(L-R) Tim Bender, Mitch Eliot, Eric Cornel und Hunter Shinkaruk von den Iserlohn Roosters – © City-Press

Iserlohn. (MK) Nein, Aufgeben kann und darf keine Option für die Iserlohn Roosters sein.

Nach dem ersten Saison-Drittel mit 18 absolvierten Spielen in der DEL-Hauptrunde stehen die Iserlohn Roosters mit fünf Punkten Rückstand auf das rettende Ufer auf dem letzten Tabellenplatz. Ein Zwischenergebnis, das niemanden auch nur ansatzweise zufriedenstellen kann und darf. Wäre jetzt Saisonende würden die Roosters absteigen.

Rückblende: Etwas überraschend verkündeten die Sauerländer Anfang Februar die Vertragsverlängerung mit Headcoach Greg Poss für zwei weitere Spielzeiten. Überraschend deshalb, weil Poss noch wenige Tage zuvor wiederholt erklärt hatte, dass man sich erst nach der Saison zusammensetzen wolle. Mit seiner Person verknüpften viele Anhänger einen totalen Neuanfang. Schon im Februar, also noch vor dem Ende der Spielzeit 22/23, hatte der US-Amerikaner im persönlichen Gespräch einigen Medienvertretern seine Idee von den „neuen Roosters“ dargelegt. Ziel war es den Kader runderneuert aufzustellen. Mit Saisonstart wolle man die fitteste Mannschaft sein, deutlich mehr Tempo im Spiel haben als 22/23 und möglichst im September die Form erreicht haben, die man sonst erst im November/Dezember erreicht. Der Kader sollte viele junge deutsche Spieler beinhalten, die von starken Importspielern geführt werden. Dieses Konzept klang mehr als nur vielversprechend und schien für einen eher kleinen Standort mit überschaubaren finanziellen Mitteln maßgeschneidert.

Insgesamt 16 Neuzugänge verzeichnen die Iserlohner inclusive Kader-Nachbesserungen bis zum heutigen Tag. Die Verträge mit dem Ex-Kapitän Torsten Ankert (jetzt DEG), Casey Bailey (nach Ingolstadt) und Ryan O´Connor (jetzt Wolfsburg) wurden im Sommer aufgelöst.

Mit einem harten Trainingslager, verbunden mit vielen kleinen Teambuildingmaßnahmen Anfang August, begann die neue Eiszeit. Nach einer insgesamt ordentlichen Vorbereitung startete das neuformierte Team sogar mit einem Auswärtssieg in Frankfurt in die neue Saison. Alles schien zu diesem Zeitpunkt auf Strecke zu sein. Es folgten allerdings schnell – vor allem auf eigenem Eis – erschreckend schwache Auftritte wie gegen Schwenningen (2:7), Köln (3:6) oder Berlin (2:8). Es waren vielmehr die jüngeren deutschen Spieler, die ihre Leistung erbrachten. Die Importspieler wirkten oftmals überfordert in ihrer Rolle und traten wie ein Fremdkörper in den Spielen auf. Nach dem verlorenen Derby (1:2 n. V.) gegen die DEG und drei weiteren empfindlichen Pleiten gegen Augsburg (2:6), in Nürnberg (8:2) und in Bremerhaven (5:1) zogen die Verantwortlichen die Reißleine und stellten Headcoach Greg Poss frei. Der US-Amerikaner hatte die Roosters vor fast genau einem Jahr auf dem letzten Tabellenplatz übernommen, 22/23 den Klassenerhalt geschafft, aber „sein neues Team“ auf dem letzten Platz mit sieben mickrigen Punkten nach zwölf Spielen auch wieder verlassen müssen. Der Kader wurde zuvor mit Brandon Gormley, Hunter Shinkaruk und Rückkehrer Taro Jentzsch nachgebessert. Wie vor einem Jahr, nach der Demission von Kurt Kleinendorst, übernahm Assistent Pierre Beaulieu den Posten des Interims-Headcoach. Es folgten zwei Siege (4:3 n.P gegen Straubing und ein 7:4 gegen Mannheim). Die Mannschaft wirkte in diesen Spielen befreit, leistete sich dann aber bei der 7:0 Klatsche in Wolfsburg wieder einen unerklärlichen Rückfall. Gegen München (2:5), in Schwenningen (1:3) und gegen Bremerhaven (1:5) trat das Team dann wieder etwas verbessert auf.
Mit 12 Punkten aus 18 Spielen gehen die Roosters nun in die Deutschland-Cup Pause.

Das Umfeld steht längst nicht mehr uneingeschränkt hinter dem Team, aber auch nicht mehr zu den Verantwortlichen. Von vielen werden Sportchef Christian Hommel und Klubchef Wolfgang Brück als die Hauptverantwortlichen für die Misere angesehen. Die Stimmung in der einst gefürchteten Eishölle ist längst frostig geworden. Wöchentlich neue Banner gegen die Klubführung und lautstarke „Hommel raus Rufe“ gehören seit einigen Spielen zum Erscheinungsbild in der Halle. Persönliche Anfeindungen im privaten Bereich von Christian Hommel sorgten allerdings dafür, dass bei aller berechtigter Kritik eine rote Linie deutlich überschritten wurde. Hier hat der Klub völlig zurecht, auch aus seiner Fürsorgepflicht gegenüber einem Angestellten, ein klares Statement abgegeben.

Greg Poss war von 1997-2003 und von Oktober 2022 bis Oktober 2023 Coach in Iserlohn – © Sportfoto-Sale (JB)


Soweit die bescheidene Stimmungslage. Dennoch ist zu hinterfragen, warum dieses Team auf dem letzten Platz steht? Es wäre viel zu einfach dem geschassten Greg Poss die Hauptschuld zuzuweisen. Er zeichnete sich allerdings auch mitverantwortlich für den neue Kurs und den zusammengestellten Kader. Auffällig war, dass der in der Vorsaison eher lockere Coach im Umgang mit Medienvertretern von Woche zu Woche verschlossener wurde und scheinbar auch innerhalb der vier Kabinenwände längst nicht mehr nur den richtigen Ton getroffen haben soll. Als „Mentalcoach“ sah sich Poss noch vor einem Jahr, am Ende blieb er oft blass und ratlos. Hinter vorgehaltener Hand ist zu hören, dass der US-Amerikaner durch seine lange Abwesenheit in der Liga taktisch noch in einer anderen Zeit unterwegs war. Das ändert aber nichts daran, dass er sich in seinen beiden Amtszeiten am Seilersee verdient gemacht hat. Langjährige Freundschaften und menschliche Verbundenheit machten für niemanden die Trennung leicht.

Bleibt auch noch die Frage, wer sich für die Zusammenstellung des Kaders hauptverantwortlich zeichnet? Im Sommer wurde das System der „Boxes checken“ den Anhängern nähergebracht. Manager und Trainerteam mussten demnach komplett von einem Spieler überzeugt sein. Es kann demnach also offenbar keine „One-Man-Show“ verantwortlich gemacht werden. Zudem wurde Sportchef Christian Hommel im Nachgang zur Vorsaison öffentlich vom Klubchef angezählt, erhielt aber das Vertrauen. Greg Poss hatte erklärt, dass er das neue Team nur gemeinsam mit Christian Hommel bauen möchte. So stellt sich weniger die Frage, wer für einzelne Spieler verantwortlich war, sondern wer nicht erkannt hat, dass die Mischung (jung und entwicklungsfähige Cracks mit erfahren Spielern, die fähig sind mehr Verantwortung zu übernehmen) nicht stimmt?

Betrachtet man den Kader rein nach Mannschaftsteilen, dann sind die Roosters die Schießbude der Liga, haben aber auf der Torwartposition mit Andreas Jenike und Kevin Reich das eher kleinere Problem. Bei beiden weiß man zu was sie im Stande sind zu leisten. Ob der permanente Torwartwechsel nach Niederlagen sich leistungsfördernd auswirkt, darf zumindest leise bezweifelt werden. Individuelle Fehler der Feldspieler leisteten sich Abwehr und Angriff in schöner Regelmäßigkeit. Die jungen deutschen Spieler enttäuschten noch am wenigsten, überraschten sogar teilweise sehr positiv. Die neu verpflichteten Importspieler wie Eliot, Thomas, Sebok und LeBlanc konnten bislang nicht die Erwartungen erfüllen. Boland und Dal Colle konnten sich zumindest steigern. Gormley und Shinkaruk sind noch zu kurz in Iserlohn, um sie komplett beurteilen zu können. Andere Spieler wie Cornel oder Torwart Reich konnten ihre starken Leistungen aus der Vorsaison noch nicht zeigen. Warum aber entwickelten sich die Roosters so sehr in die falsche Richtung? Schon in den ersten Spielen der Vorbereitung konnte man sehr gute individuelle Fähigkeiten einzelner Spieler erkennen, obwohl das völlig neu zusammengestellte Team zu diesem Zeitpunkt noch gar kein Zusammenspiel entwickelt haben konnte. Die wieder einmal zu hohe Anzahl an Neuzugängen erschwert es enorm Automatismen ins Spiel einzupflegen. Außerdem finden sich eine Reihe von Spielern in Rollen wieder, in denen sie mehr Verantwortung übernehmen müssen, die sie aber zuvor so noch nie gespielt haben. Die eigentliche Idee einen jungen Spieler in eine Reihe mit zwei erfahreneren Cracks zu stellen, wurde häufig schnell fallengelassen. Ohne die fehlende Führung durch Nebenleute kann eine Weiterentwicklung der jungen Spieler nur schwer gelingen. Vor allem dann, wenn die vermeintlichen Führungsspieler (Importspieler) nicht zünden. Apropos Führungsspieler: Es mutet schon etwas merkwürdig an, dass die Mannschaft mit dem leider früh verletzten Hubert Labrie ausgerechnet einen Spieler zum Kapitän gewählt hat, der in der letzten Saison sportlich nicht vollends überzeugen konnte. Labrie hatte in der Vorsaison übrigens schon in den Auswärtsspielen das schwere Amt des Assistenzkapitäns inne.

Wie können die Iserlohner nun doch noch die Kurve kriegen? Die Situation ist verfahren. Es helfen nur Siege, die der verunsicherten Truppe neues und deutlich mehr Selbstvertrauen verleihen. Ohne Wenn und Aber! Sowohl in der Tabelle, aber auch um das völlig frustrierte Umfeld etwas zu befrieden. Schon Ex-Coach Jason O´Leary (2019-2021) hatte Kritik offen ausgesprochen und unter anderem angeprangert, dass man sich in Iserlohn zu sehr ans Verlieren gewöhnt hat. Noch weiter zurück geblickt hatte auch Ex-Coach Doug Mason vor über zehn Jahren die Besonderheit von DEL-Eishockey in Iserlohn, wenig populär für einen Teil der Anhänger, dargestellt. Die letzten Jahre waren aufgrund des Misserfolgs frustrierend für alle Fans, aber auch für die Verantwortlichen. Will man den Turnaround noch hinbekommen, dann hilft dieser noch immer jungen Mannschaft vor allem große Unterstützung in den Spielen. Das bedeutet nicht, dass Fans keine Kritik äußern sollen. Ein offener Fantalk hat in der Vergangenheit schon häufiger Erklärungen gebracht und die Wogen etwas geglättet. Die Mannschaft benötigt gewisse Freiheiten, wie zuletzt unter Pierre Beaulieu zugestanden, aber auch eine klarere Rollenverteilung und taktische Ausrichtung. Jeder hat eine zweite Chance verdient. Spieler, die allerdings wiederholt aus disziplinarischen Gründen außen vor waren und uneinsichtig bleiben, sollten sich besser einen neuen Klub suchen und das aktuell sehr weit entfernte Ziel nicht weiter unnötig gefährden. Vordinglich ist zu klären, wer nach der Länderspielpause das Zepter hinter der Bande schwingen soll? Vertraut man Pierre Beaulieu, der schon mehrfach als Interimstrainer ausgezeichnete Arbeit geleistet hat? Oder kommt ein neuer Headcoach?

Hunter Shinkaruk von den Iserlohn Roosters – © City-Press


In Iserlohn werden bekanntlich keine großen Gehälter bezahlt. Dennoch hat man für die Spieler in den letzten Jahren ein professionelles Umfeld geschaffen. Unter diesen Bedingungen ist nach gerade einmal einem absolvierten Saisondrittel noch eine Wende möglich. Allerdings muss auch ein Aufwärtstrend erkennbar sein. Einen Schritt vor und zwei zurück beruhigt niemanden. Die bislang von der Mannschaft gezeigte sportliche Perspektivlosigkeit sucht in den letzten 50 Jahren fast Ihresgleichen. Mehr Konstanz ist zwingend erforderlich.

Perspektivisch tut man in Iserlohn gut daran auch das Worst-Case-Szenario in Betracht zu ziehen. Eine zweigleisige Planung für DEL und DEL2 ist in Anbetracht der aktuellen Tabellensituation fast unumgänglich. Sollten die Roosters sportlich absteigen müssen, dann würde man extrem wichtige Zeit verlieren, wenn man weiterhin nur auf das Pferd DEL setzen würde. Und natürlich, das ist der manchmal unangenehme Teil des Geschäfts, gehört auch dazu die gestaltenden Personen (im Vordergrund und Hintergrund) zu stärken oder ihre Positionen neu zu besetzen bzw. zu ergänzen. Allein deshalb, weil man in der DEL2 deutlich mehr deutsche Spieler benötigt, kann man nicht sehenden Auges weitere Zeit ins Land gehen lassen.

Die Roosters wurden häufig als Leuchtturm Südwestfalens bezeichnet. Das ist auch so, denn der Klub genießt in der Region großes Ansehen. Die Region ist allerdings wirtschaftlich im Moment auch stark gebeutelt. Und so darf auch mal die bislang unbeantwortete Frage in den Raum geworfen werden, ob der aktuelle Kader mehr ein „Low Budget Kader“ ist als in den letzten Jahren? Und es darf auch hinterfragt werden, ob die Sauerländer mit der allgemeinen Entwicklung der Liga (schnelles wirtschaftliches Wachstum, moderne Spielstätten usw.) wirklich noch Schritt halten können? Mit Blick auf vergleichbare Standorte wie Straubing, Bremerhaven oder Augsburg fällt schnell auf, dass diese eine teilweise deutlich größere Anzahl an Gesellschaftern haben (Straubing), höhere Zuschauerzahlen aufweisen oder deutlich bessere Rahmenbedingungen aufgrund von Erleichterungen bezüglich Hallenmiete/Eiskosten haben.

Christian Hommel – © Sportfoto-Sale (MK)


Und auch wenn es viele Anhänger nur ungern hören wollen: Hätte es in den vergangenen 23 Jahren durchgehend einen geregelten Auf- und Abstieg gegeben: Die Iserlohn Roosters wären vermutlich früher oder später eine klassische Fahrstuhlmannschaft gewesen. Unabhängig von der Ligenzugehörigkeit: Wer in Iserlohn professionelles Eishockey dauerhaft sehen will, wird nicht drumherum kommen für die sichtbar in die Jahre gekommene und unmoderne Halle endlich eine Perspektive zu schaffen. Das dürfte in der DEL sicherlich, wenn man es in der schwierigen sportpolitischen Iserlohner Landschaft überhaupt so bezeichnen kann, leichter als in der DEL2 fallen. Fraglich ist auch, ob die Halle in ihrem aktuellen Zustand im Falle eines Wiederaufstiegs erneut eine Zulassung erhalten würde?

Nichtsdestotrotz gilt es in der aktuellen Lage die Ärmel hochzukrempeln und alle Kräfte zu bündeln. Verloren ist noch gar nichts und erst nach dem 52. Spieltag wird endgültig abgerechnet. In den ersten beiden Spielen nach der Pause treffen die Roosters mit der Düsseldorfer EG und den Nürnberg Ice Tigers auf ihre direkten Konkurrenten. So wie der aktuelle Tabellenplatz ein deutlicher Fingerzeig ist, können diese Spiele aber auch eine positive Signalwirkung haben. Aufgeben war für Iserlohner Teams noch nie eine echte Option und sollte es auch jetzt nicht werden.

Über „Die Drittelpause“: In der sogenannten „Drittelpause“ greifen verschiedene Autoren aktuelle Themen auf und beziehen hier klar persönlich Stellung. Hierbei wird Nebensächliches zur Hauptsache gemacht und umgekehrt. Es wird gerne überspitzt, frech und vielleicht auch manchmal einfach nur „anders“ argumentiert und kommentiert. Mal laut, mal leise, mal mit einem Augenzwinkern und mal mit dem Dampfhammer oder in Satireform. „Die Drittelpause“ ist nicht neutral und ausgeglichen, sie ist die oft persönliche Meinung des Autors / der Autorin und soll Anlass zur Diskussion bieten.





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