„Die Drittelpause“: DEB und DEL – welche Veränderungen sind notwendig, um langfristig international erfolgreiches Eishockey anbieten zu können?
Aktuell Ticker 1AllgemeinDie DrittelpauseStories 24. Februar 2022 Eishockey-Magazin 1

München. (JR) Die olympischen Spiele 2022 in Peking sind zu Ende gegangen. Die Deutsche Eishockey- Nationalmannschaft konnte bei diesen Spielen, die von sich selbst hoch gesteckten Ziele nicht erreichen.
Es ist Zeit dafür, dies zu analysieren und die entsprechenden Maßnahmen zu ergreifen. Dies ist die Aufgabe des Deutschen Eishockey Bundes um Präsident Franz Reindl und den aktuellen Sportdirektor Christian Künast. Ebenso sollte die Deutsche Eishockey-Liga DEL mit in diese Analyse eingebunden werden, um etwaige Fehlentwicklungen zu korrigieren bzw. notwendige Veränderungen herbeizuführen. Seit Olympia 2018 war die deutsche Nationalmannschaft im Aufwind und hat regelmäßig erfolgreiche Turniere bestritten. Es stellt sich nun vor allem die Frage, war Olympia 2022 ein negativer Ausrutscher oder ist in den vergangenen Monaten ein schleichender Prozess entstanden, der die Entwicklung des Deutschen Eishockey in vergangene fast vergessene negative Zeiten führen wird. Dies gilt es nun aufzuarbeiten und in die richtige Richtung zu bringen. Folgende Veränderungen wären aus unserer Sicht dringend notwendig:
Der DEB: Im Mai 2022 stehen Präsidentschaftswahlen an. Der Deutsche Eishockey Bund benötigt eine frische unabhängige kompetente Führung, die sich durchsetzungsstark zeigt und die Interessen des Deutschen Eishockeys auch gegenüber den Ligen DEL und DEL2 vertritt. Den handelnden Personen muss es grundsätzlich um die Entwicklung der Nationalmannschaften, des Nachwuchses und der Deutschen Spieler in den Ligen gehen. Persönliche Interessen und Befindlichkeiten sollten keine Rolle spielen. Grabenkämpfe, Klüngeleien und Tricksereien haben in einem Spitzensportverband nichts zu suchen.
Der Sportdirektor: Das Deutsche Eishockey benötigt einen fachlich höchst qualifizierten und gut ausgebildeten Fachmann für die umfangreiche Stelle als Sportdirektor. Der Sportdirektor muss die Fäden des kompletten Deutschen Eishockeys in der Hand halten und diese anspruchsvolle Aufgabe zu 100 % erfüllen können. Er muss auch unpopuläre, für den Verband und das Deutsche Eishockey aber notwendige, Entscheidungen treffen können und dabei die Rückendeckung des Verbandes und deren Führung haben. Mit Stefan Schaidnagel hatte der DEB die perfekte Besetzung für diese Stelle. Er hat das Deutsche Eishockey zu außergewöhnlichen Erfolgen geführt, gekrönt mit der Silbermedaille bei Olympia 2018. Schaidnagel hatte klare hohe Ziele und Anforderungen an seine Mitarbeiter. Er traf auch unpopuläre personelle Maßnahmen und scheute auch keine Konflikte mit der DEL, da er von seinen Vorstellungen überzeugt war. Er hatte sich zur prägenden Person im Verband entwickelt. Internes Aufbegehren einiger langjähriger Mitarbeiter im Verband, fehlende Rückendeckung des Präsidiums und eine DEL, für die er zu unbequem wurde, führten zu seiner Absetzung. Dass der Verband und das Deutsche Eishockey damit einen riesengroßen Fehler gemacht hat, wird immer deutlicher. Eine Rückkehr von Stefan Schaidnagel als Sportdirektor des DEBs wäre für die Entwicklung des Deutschen Eishockeys von großer Bedeutung und es sollte alles dafür getan werden, ihn wieder zurückzuholen. Er könnte das Deutsche Eishockey langfristig weiterentwickeln und in eine positive Zukunft führen, mit dem Vertrauen von Verband und Ligen.
Die Mannschaft: Die Topspieler und Toptalente spielen in Nordamerika und sind nicht immer verfügbar. Die Nationalmannschaft besteht aus überwiegend erfahrenen Spielern. Es wird darauf ankommen, auch junge Spieler aus der DEL in die Nationalmannschaft zu integrieren und damit eine gesunde Mischung aus älteren erfahrenen und jüngeren Spielern zu finden. Dies wird eine herausfordernde Aufgabe für den Bundestrainer in den nächsten Jahren sein. Talente sind sicherlich auch in der DEL und DEL2 vorhanden. Sie müssen von den Clubs gefördert werden, damit die Nationalmannschaft in den nächsten Jahren konkurrenzfähig sein wird. Und dabei wird es auch darauf ankommen, in den Ligen die Voraussetzungen zu schaffen, damit diese Spieler ausreichend Eiszeit erhalten.
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Die DEL – U 23-Regelung und Anzahl der Kontingentspieler: Die Reglementierungen der Spieler in der DEL müssen angepasst und überdacht werden. Dabei geht es um die U 23-Regelung und die Anzahl der Kontingentspieler. Pro Club sind drei Plätze auf dem Spielbericht für U 23-Spieler reserviert. Diese Regelung führt dazu, dass junge Spieler in die DEL reinschnuppern können, oftmals aber nur ungenügend Eiszeit bekommen und mit 24 Jahren in der DEL2 landen. Nach wie vor sind neun plus zwei Kontingentspieler erlaubt, eine Reduzierung ist längst überfällig. Die Clubs der DEL zieren sich nach wie vor davor, diesen Schritt zu tätigen. Damit die U 23-Regelung Sinn machen würde, müsste man aber genau diese endlich Schrittweise reduzieren. Nur dann würden die in der DEL ausgebildeten U 23-Spieler auch in der DEL dauerhaft genügend Spielmöglichkeiten erhalten und der Nationalmannschaft eine breitere Auswahl an Spielern bringen. Dass es DEL und DEB nicht schaffen, einen langfristigen Stufenplan zur Reduzierung der Importspieler auf den Weg zu bringen, ist vollkommen unverständlich. DEB-Präsident Franz Reindl hat inzwischen bestätigt, dass genügend Spieler da sind, um diese Stellen schrittweise zu reduzieren. Warum also keinen Stufenplan entwickeln? Zur Saison 2022/2023 acht plus zwei, zur Saison 2023/2024 sieben plus zwei und zur Saison 2025/2026 sechs plus zwei, wäre ein Vorschlag mit dem die Clubs vorrausschauend planen könnten. Warum es hier immer noch an der Umsetzung fehlt, ist verwunderlich. Eine Alibi U 23-Regelung bringt auf jeden Fall das Deutsche Eishockey nicht weiter voran. Leider scheint es den Clubs der DEL immer noch unwichtig, mehr Deutsche Spieler in die Teams zu bringen. Dass eine Liga sich aber nur mit vermehrtem Einbau einheimischer Spieler weiterentwickeln und verbessern kann, verkennen die Verantwortlichen leider.
Auf-und Abstieg zwischen DEL und DEL2: Auf- und Abstieg sorgt für zusätzliche Spannung. Die DEL und die DEL2 haben diesen wieder eingeführt und damit den sportlichen Wettbewerb erhöht. Ein Ansatz auf dem man aufbauen könnte. Die Umsetzung fällt beiden Ligen noch recht schwer, nur wenige Clubs der DEL2 können die hohen Anforderungen der DEL erfüllen. Einige Clubs der DEL würden den Auf- und Abstieg gerne wieder abschaffen. Auch hier gilt eigentlich, eine klare Linie wäre besser. Ein funktionierendes Ligensystem mit einer DEL und DEL2 mit jeweils 12 Teams, dann würde Auf- und Abstieg wirklich funktionieren, dazu in der DEL sechs und in der DEL2 vier Kontingentspieler. Das wäre eine Lösung. Dann würde der ein oder andere Club eben nicht mehr in der DEL sondern in der DEL2 spielen. Aber wie üblich, so lange die Clubs diese Entscheidungen selbst treffen können, wird es nicht dazu kommen.
(Jörg Reich)