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München. (JR) Die Deutsche Eishockey-Nationalmannschaft ist bei Olympia 2022 früh gescheitert. Das Team konnte in keinem der Spiele an die gezeigten Leistungen vorheriger Turniere... „Die Drittelpause“: DEB und DEL – Die Ursachen für das frühe Scheitern bei Olympia 2022

Toni Söderholm – © Sportfoto-Sale (DR)

München. (JR) Die Deutsche Eishockey-Nationalmannschaft ist bei Olympia 2022 früh gescheitert.

Das Team konnte in keinem der Spiele an die gezeigten Leistungen vorheriger Turniere anknüpfen. Die WM 2021 und auch der Deutschland-Cup im vergangenen Jahr haben Hoffnungen geschnürt, dass Team Deutschland wie 2018 ein erfolgreiches Turnier spielen könnte. Nichts davon konnte umgesetzt werden. Was bleibt ist die Enttäuschung über die Leistungen der Mannschaft bei Olympia 2022. Eine Chance wurde verpasst, das gestiegene Interesse an der Deutschen Eishockey-Nationalmannschaft von Seiten der Medien zukunftsträchtig zu nutzen. Die Gründe dafür sind hausgemacht und liegen sowohl beim DEB als auch bei der DEL. Es wurde verpasst, die Strukturen beim DEB und der DEL zu verbessern. Nicht nur das, beim DEB wurden die gerade begonnenen Strukturen zerstört, Personalwechsel vollzogen die nicht nachvollziehbar und fehlerhaft sind. Zeit zu analysieren, woran es lag, dass unsere Nationalmannschaft bei Olympia 2022 so enttäuscht hat.

Die Mannschaft: Bundestrainer Toni Söderholm hat eine erfahrene Mannschaft für Olympia nominiert. Die Spieler haben in den vergangenen Turnieren überzeugende Leistungen gezeigt. Der Bundestrainer hat den Spielern vertraut. Leider war zu beobachten, dass einige Spieler nicht mehr das Niveau hatten, um läuferisch und körperlich international bestehen zu können. Die Spieler kamen nicht in die Zweikämpfe und liefen den Gegenspielern hinterher. Die Verunsicherung wurde immer größer, kaum ein Spieler konnte überzeugen. Die Spieler waren nicht in der körperlichen Verfassung, um bei diesen olympischen Spielen erfolgreich spielen zu können. Es wurde versäumt, einige erfahrene Spieler durch jüngere Spieler zu ersetzen

Der Bundestrainer: Toni Söderholm war überzeugt davon, eine starke, eingespielte und erfahrene Mannschaft zu haben, die bei Olympia 2022 um die Medaillen spielen kann. Er hat sich getäuscht, einige Personalentscheidungen waren falsch. Er hätte einigen jungen frischen Spielern vertrauen und den ein oder anderen älteren Spieler zu Hause lassen müssen. Es stellt sich die Frage, ob Söderholm sich dessen bewusst ist und ob er die richtigen Schlüsse aus diesem für die deutsche Mannschaft so enttäuschenden Turnier zieht. Man darf sicherlich gespannt sein, wie er im Hinblick auf die WM 2022 in Finnland weiter verfährt. Baut er weiter auf überwiegend erfahrene Spieler oder gibt er im Verbund mit erfahrenen Spielern jungen Spielern eine Chance. Für Toni Söderholm persönlich und auch für die deutsche Nationalmannschaft ist die WM in Finnland sicherlich ein enorm wichtiges Turnier

Der DEB: Der Deutsche Eishockey-Bund hat in den vergangenen Monaten personelle Veränderungen vorgenommen. Völlig überraschend trennte man sich von dem sportlich so erfolgreichen Sportdirektor Stefan Schaidnagel. Schaidnagel war in Kombination mit den Bundestrainern Marco Sturm und Toni Söderholm sinnbildlich für den Aufschwung im Deutschen Eishockey. Er war der Stratege, sportfachlich bestens ausgebildet mit größtem Fachwissen, durchsetzungsstark, mit hohen Anforderungen an sich selbst und die Mitarbeiter und mit klaren Zielen, wie das Deutsche Eishockey sich in der Weltspitze etablieren sollte. Er hatte das Ziel das Deutsche Eishockey zu verbessern und traf aus fachlichen Gründen auch unpopuläre Personalmaßnahmen. Bei ihm ging es nicht um persönliche Interessen, sondern darum sportlich erfolgreich zu sein und sich für die Zukunft entsprechend aufzustellen. Er holte Toni Söderholm als Bundestrainer und legte sich auch gelegentlich aus sportpolitischen Gründen mit der DEL an. Schaidnagel war drauf und dran Präsident Franz Reindl den Rang abzulaufen, was ihm letztlich wohl nicht gefallen haben dürfte. Sein Nachfolger wurde Christian Künast, kein Stratege und sicherlich fraglich, ob er die Voraussetzungen für die Stelle als Sportdirektor mitbringt. Ihm zur Seite gestellt wurde Claus Gröbner als Generalsekretär. Präsident Franz Reindl, immer bedacht auf Schmusekurs mit der DEL, scheiterte mit der Kandidatur zum Präsidenten der IIHF. Von ihm selbst hätte man erwartet, dass er stärker die Interessen des Deutschen Eishockeys und damit auch der Spieler vertritt, auch gegenüber der DEL. Künast und Gröbner sind zwei Personalien, die Reindl mit in diese Positionen gehievt hat. Einige Landesverbände fordern des weiteren Aufklärung um Zahlungen an Reindl. Beim Präsidenten des DEBs gewinnt man immer mehr den Eindruck, dass es bei ihm mehr um seine eigene Karriere geht, als um die Interessen des Deutschen Eishockeys. Es dürfte sicherlich interessant werden, wie der DEB sich in Zukunft aufstellen wird, weitere Veränderungen sind möglich, vielleicht sogar nötig.

Die DEL: Die Teams der DEL bestehen nach wie vor überwiegend aus erfahrenen Deutschen Spielern, eingebürgerten Nordamerikanern und Kontingentspielern. Die erlaubte Anzahl an Kontingentspieler von neun plus zwei führt dazu, dass fast die halbe Mannschaft eines Teams mit Kontingentspielern bestückt ist. In Kombination mit den erfahrenen Deutschen Spielern, bleibt nur sehr wenig Platz für junge Deutsche Spieler. Die vorhandenen jungen Spieler bekommen überwiegend zu wenig Eiszeit, um sich entsprechend weiterentwickeln zu können. Die vorhandene U 23-Regelung ist eine Alibi-Regel, die nur wenigen jungen Spielern wirklich etwas bringt. Um langfristig mit der deutschen Nationalmannschaft erfolgreich sein zu können, müssen die Kontingentstellen in der DEL stufenweise gesenkt werden. Die Liga sperrt sich gegen jegliche Reduzierung, aus Egoismus oder einem Irrglaube, dass die Teams dann teurer würden bzw. die kleineren Clubs nicht mehr wettbewerbsfähig wären. Man hat den Eindruck, die Clubs sind nicht in der Lage über den Tellerrand hinaus zu schauen. Wer in einem Team 15 Nordamerikaner sehen möchte, der ist sicherlich richtig in der DEL. Aber viele Fans würden sich sicherlich mehr daran erfreuen, mehr junge Deutsche Spieler auf dem Eis zu erleben. Ganz zu schweigen davon, dass die Popularität des Eishockeys in den Medien dadurch immens steigen würde. Die DEL lebt in ihrer eigenen Welt und scheint jegliche Entwicklungen im Eishockey zu ignorieren. Selbst in Österreich, bisher ebenfalls durch den Einsatz zahlreicher Importspieler bekannt, werden Anstrengungen unternommen, mehr einheimische Spieler in die Liga zu bekommen. In der DEL scheint jegliche Kritik und Diskussion zu diesem Thema verboten. Eigenartig, aber die Clubs in der DEL wollen es so und können über ihr eigenes Schicksal selbst entscheiden. Die Erfolge oder Misserfolge der Nationalmannschaft scheinen die Clubs der DEL nur am Rande zu interessieren.

Notwendige Veränderungen für die Zukunft: Eine stufenweise Reduzierung der Kontingentstellen ist längst überfällig und es ist Aufgabe der DEL-Führung gemeinsam mit dem DEB, einen Stufenplan auf den Weg zu bringen. Im Konzept Powerplay 2026 ist vorgesehen, die Importstellen bis 2026 auf sechs je Club zu reduzieren. Man könnte dadurch junge Deutsche Spieler besser entwickeln, die Breite an Deutschen Spielern erhöhen und die Nationalmannschaft stärken. Das gesamte deutsche Eishockey würde davon profitieren.
(Jörg Reich)

Über „Die Drittelpause“: In der sogenannten „Drittelpause“ greifen verschiedene Autoren aktuelle Themen auf und beziehen hier klar persönlich Stellung. Hierbei wird Nebensächliches zur Hauptsache gemacht und umgekehrt. Es wird gerne überspitzt, frech und vielleicht auch manchmal einfach nur „anders“ argumentiert und kommentiert. Mal laut, mal leise, mal mit einem Augenzwinkern und mal mit dem Dampfhammer oder in Satireform. „Die Drittelpause“ ist nicht neutral und ausgeglichen, sie ist die oft persönliche Meinung des Autors / der Autorin und soll Anlass zur Diskussion bieten.

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