Die DEL in der Corona-Pandemie: Gehaltsverzicht ein Thema, Dialog mit Politik gefordert – Iserlohns Brück: „Gemeinsam an einem Strang ziehen“ – Patrick Reimer und Mo Müller wollen Spielergewerkschaft gründen
AllgemeinDELDüsseldorfer EGHintergrund / InterviewsIserlohn Roosters 17. Mai 2020 Eishockey-Magazin 4
Neuss. (EM) Die Corona-Pandemie bestimmt weiter das tägliche Leben in Deutschland. In diesen Tagen blicken nicht nur die Sportbegeisterten Menschen in Deutschland auf den Re-Start in der Fußball Bundesliga.
Sollte es gelingen die Saison in der Fußball Bundesliga unter den speziell aufgestellten Hygienevorschriften zu Ende zu spielen, dann könnte das auch durchaus ein wenig Signalwirkung für die Umsetzung einer Hygienevorschrift und die Durchführung des Spielbetriebs im Eishockey haben. Die Umsetzung eines speziellen Helmes mit Lüftungsschlitzen (wir berichteten) wäre darin sicherlich nur einer von mehreren Punkten.
Im Hintergrund, das sickerte in diesen Tagen immer mehr durch, wird aktuell an vielen Punkten für einen Beginn der Saison 20/21 gearbeitet. Konkrete Aussagen sind allerdings von Verantwortlichen nur spärlich zu erhaschen. Verständlich, denn die unterschiedlichen Regelungen in den Bundesländern sorgen auch für unterschiedliche Bedingungen. In vielen Bundesländern gilt bis vorerst zum 31. August das Verbot für Großveranstaltungen. In Berlin (wir berichteten) hat man sich in diesem Punkt auf den 24. Oktober schon frühzeitig festgelegt. Baden-Württemberg hat bereits in Teilen einen Stufenplan für Familienfeste bis 100 Personen und Veranstaltungen mit bis zu 500 Personen festgelegt. Fest steht dort, dass Volksfeste, Schützenfeste und Open-Air-Konzerte warten müssen. In der kommenden Woche will die Stuttgarter Landesregierung einen Stufenplan vorstellen. Man darf gespannt sein, wie die Lösung für Hallensportarten, wie eben Eishockey, Handball oder Basketball, aussehen wird.
DEG Geschäftsführer Stefan Adam fordert Dialog mit Politik und Verwaltung
Stefan Adam, Geschäftsführer der Düsseldorfer EG, forderte unlängst gegenüber dem WDR, dass die Politik und Verwaltung mit den Klubs in den Dialog treten soll, um ihnen eine Perspektive aufzuzeigen. Adam sieht die DEL und ihre Klubs in ihrer Existenz bedroht. Und das aus gutem Grund, denn anders als die Fußball Bundesliga, sind die Eishockeyklubs zwingend auf die Zuschauereinnahmen angewiesen. Die Eintrittsgelder bilden einen elementaren Baustein in den Etats der Klubs.
„In wenigen Wochen müssen wir mehrere elementare Schritte weiter sein. Ich habe aktuell nicht das Gefühl, dass auf landes- und bundespolitischer Ebene ausreichendes Verständnis für den Sport und die existenziellen Herausforderungen vorhanden ist. Es muss geklärt werden, ob ich eine Veranstaltung mit mehreren tausend Zuschauern mit einem sinnvollen und praktikablen Konzept z.B. mit gewissen Abständen und Maskenpflicht durchführen kann und was mögliche wirtschaftliche Hilfsmaßnahmen für den Sport sind, wenn weiterhin kein Spielbetrieb möglich sein wird“, wird Adam vom WDR zitiert.
25% der Spielergehälter sollen vorerst eingefroren werden
Die Alarmglocken schrillen nun von Woche zu Woche lauter, denn am 1. August würden die Klubs regulär mit dem Eistraining beginnen. Testspiele vor Zuschauern sind schon jetzt im August praktisch hinfällig. Sogenannte Geisterspiele sind nicht finanzierbar, da der Anteil der TV-Gelder am „Etatkuchen“ in der DEL eher gering ist. Unverblümt gesagt, sind die Klubs froh, dass ihre Spiele übertragen werden und dafür überhaupt ein TV-Partner etwas Geld bezahlt.
Wirtschaftlich lässt sich die Saison in der momentanen Situation für fast keinen Klub seriös planen. Zumindest eine Empfehlung eines Transferstopps bis zum 30.06.2020 soll es von der Liga an die 14 DEL Klubs geben. Bis zum 24. Mai müssen die Klubs ihre Lizenzierungsunterlagen für die Spielzeit 20/21 eingereicht haben. Schon vor knapp zwei Wochen sickerte durch, dass man ligaintern eine sogenannte „Corona-Klausel“ ausarbeiten würde. Nun ist schon etwas konkreter zu vernehmen, wie man sich versucht vor einem verspäteten Saisonstart, einer verkürzten Saison oder gar einem Totalausfall der kommenden Spielzeit zu schützen. Wie mehrere Medien berichten, soll ein Punkt beinhalten, dass die Spieler auf rund 25% ihrer Gehälter zunächst verzichten. Diese 25% sollen eingefroren werden und am Ende der Saison an den Spieler ausbezahlt werden, wenn der jeweilige Klub seine wirtschaftlichen Ziele erreicht hat. Sollte man weniger Einnahmen generieren, dann würde der ausbezahlte Anteil für den Spieler entsprechend prozentual weniger sein. Berücksichtigt werden soll diese Idee bereits in den aktuellen Lizenzunterlagen. Eile ist also durchaus geboten, denn es sollen möglichst alle bestehenden Verträge entsprechend angepasst werden. Sollte ein Klub keine Einigung mit seinen Spielern erzielen können, dann könnte sogar die Erteilung der Lizenz in Gefahr sein.
Iserlohns geschäftsführender Gesellschafter Wolfgang Brück: „Gewisse Bodenständigkeit ist auch in unserer Sportart mal wieder angesagt“
In der ZDF-Sportreportage wurde am Sonntag die aktuelle Problematik für die Hallensportarten Basketball, Eishockey, Volleyball und Handball aufgezeigt. Die eher stets mit einem kleinen Etat planenden Iserlohn Roosters würden dem Bericht nach auch ein „Worst-Case-Szenario“ eine Saison lang überstehen. Iserlohns geschäftsführender Gesellschafter Wolfgang Brück sagte gegenüber dem ZDF: „Ich bin zuversichtlich, dass wenn wir gemeinsam an einem Strang ziehen werden, dass die Eishockeywelt sich im Grunde nicht so radikal verändern wird, dass viele Standorte von der Landkarte verschwinden werden. Auf der anderen Seite ist es sicherlich auch ein Moment, um zu erkennen was im Leben wichtig ist und dass man eben im Grunde die materiellen Dinge auch mal so ein bisschen nicht ins Uferlose ausgehen lassen sollte. Von daher bin ich auch der festen Überzeugung, dass eine gewisse Bodenständigkeit auch in unserer Sportart mal wieder angesagt sein wird.“
Patrick Reimer und Moritz Müller wollen eine Spielergewerkschaft ins Leben rufen
Die Spieler haben sich in der aktuellen Krise lange öffentlich zurückgehalten. Es liegt praktisch auf der Hand, dass ein Gehaltsverzicht in Spielerkreisen ein heiß diskutiertes Thema ist. Anders, als zum Beispiel in Nordamerika gibt es im deutschen Eishockey (noch) keine Spielergewerkschaft. Das soll sich in absehbarer Zeit aber ändern. Federführend treiben die beiden Silbermedaillengewinner von 2018 Patrick Reimer (Nürnberg) und Moritz Müller (Köln) die Idee voran. „Wir stecken noch in den Kinderschuhen und haben noch viel Arbeit vor uns. Wenn wir alle an einem Strang ziehen, kann jeder davon profitieren. Dann ist es eine Win-Win-Situation“, so Patrick Remer gegenüber dem Sportinformationsdienst.
Wie schnell sich eine Spielergewerkschaft in der DEL umsetzen lässt, bleibt abzuwarten.
Es bewegt sich also momentan auf vielen Ebenen etwas, um die neue Saison konkreter in Angriff nehmen zu können. Nun ist allerdings, wie Stefan Adam es einforderte, auch die Politik gefordert, sich an Lösungen zu beteiligen.