DEL2 Geschäftsführer Rene Rudorisch: „Bin überzeugt, dass sich auch jetzt schon junge deutsche Talente in der DEL über 23 Jahren hinaus halten können“
Aktuell Ticker 1AllgemeinDEL 2Hintergrund / Interviews 26. Mai 2021 Eishockey-Magazin 6
„Die Steelers werden alles daran legen auch die Lizenz für die kommende Saison zu bekommen“
Neuss. (JR) René Rudorisch ist Geschäftsführer der DEL2 und verantwortlich für die Clubs der DEL2. Wir haben ein paar Fragen zur abgelaufen DEL2-Saison, zur kommenden Saison, sowie zum Deutschen Eishockey allgemein gestellt.
Eishockey-Magazin (EM) / Jörg Reich (JR): Hallo Herr Rudorisch, vielen Dank, dass wir Ihnen ein paar Fragen stellen dürfen!
Die Saison 2020/2021 in der DEL2 ist beendet. Der DEL2-Meister Bietigheim Steelers ist der sportliche Aufsteiger in die PENNY DEL. Wie fällt Ihr Fazit zu der gerade abgelaufenen außergewöhnlichen Saison in der DEL2 aus?
Rene Rudorisch: In der Tat war es eine ganz außergewöhnliche Saison mit völlig neuen Herausforderungen und Anforderungen. Dies sowohl aus Sicht der Liga, als auch für die Clubs und unsere Aktiven. Insgesamt ist es uns gelungen, fast 50 Spieltage vollständig zu absolvieren und zudem eine spannende Playoff-Runde im „Best-of-Five“-Modus durchzuführen. Insofern sind wir alles in allem zufrieden über das, was wir erreichen konnten.
E-M / JR: Die DEL2 war wie bereits in den letzten Jahren sehr ausgeglichen. Im Prinzip kann jeder jeden schlagen und die DEL2 ist vielleicht eine der spannendsten Ligen im Profisport überhaupt. Sehen Sie das auch so?
Rene Rudorisch: Das würde ich auf jeden Fall so unterschreiben. In der Saison 2019/2020 lagen allein 30 Punkte zwischen dem Ersten und Letzten der Hauptrunde. Das beweist in der Tat, dass die Liga extrem ausgeglichen ist. In der abgelaufenen Saison, lagen die beiden Pole punktemäßig zwar etwas weiter auseinander, wer sich aber regelmäßig mit dem sportlichen Verlauf beschäftigt, der hat erlebt, dass dennoch jeder Club jeden schlagen kann. Das zeichnet uns in der Tat ein wenig aus und sorgt dafür, dass unsere Spielzeiten unheimlich spannend und durchaus auch dramatisch verlaufen können.
E-M / JR: Die Bietigheim Steelers sind sportlich in die DEL aufgestiegen. Man kann wohl davon ausgehen, dass der Club den sportlichen Aufstieg auch wahrnehmen wird. Gehen Sie auch davon aus?
Rene Rudorisch: Davon gehe ich ganz klar aus. Die Clubs der DEL2 haben in den letzten Jahren viel investiert, um sich diese Aufstiegschance wieder zu erarbeiten. Gerade bei den Clubs, die von der Stadionkapazität her die Anforderungen erfüllen, besteht ein großes Interesse den nächsten Schritt zu gehen. Insofern werden die Steelers alles daran legen auch die Lizenz für die kommende Saison zu bekommen.
E-M / JR: Sollten die Bietigheim Steelers aufsteigen, wird die DEL2 aller Voraussicht nach weiterhin 14 Clubs umfassen. Die Selber Wölfe werden hinzukommen, Absteiger in die Oberliga gibt es diese Saison nicht. Für die DEL2 sind 14 Teams wohl weiterhin die Idealkonstellation?
Rene Rudorisch: Für uns sind 14 Clubs sowohl für unseren Spielplan, als auch für die Planung der Endrunden die optimale Anzahl. Insofern hoffen wir natürlich auch, dass die selber Selber Wölfe die Lizenzprüfung meistern und als sportlicher Aufsteiger in die DEL2 hochrücken.
E-M / JR: Die Planung für die Saison 2021/2022 gestaltet sich sicherlich für alle Clubs äußerst schwierig. Niemand kann Stand heute mit Sicherheit garantieren, dass in der nächsten Saison Fans in den Stadien zugelassen werden. Ist so überhaupt eine ordentliche Prüfung der Lizensierung für die Saison 2021/2022 möglich.
Rene Rudorisch: Richtig ist, dass wir bei wichtigen Planungsgrößen wie Ticketing oder Sponsoring, anders wie in den letzten Jahren, ein wenig im Trüben fischen. Welche Auswirkungen und vielleicht auch leichte Schäden die Pandemie verursacht hat, werden wir erst im Saisonverlauf sehen. Demnach gilt es auch hier, das Beste aus der Situation zu machen. Insofern haben wir gegenüber den Clubs ein paar Konkretisierungen vorgegeben, sodass grundlegend Abschläge zu bilden sind. Es sei denn, man kann zum jetzigen Zeitpunkt schon nachweisen, dass man die ursprünglichen Zahlen der Vorjahre erreichen kann. Wir wollen im Rahmen der Prüfung zumindest ein Stück weit auf Nummer sicher gehen. Dies erfordert aus meiner Sicht auch das kaufmännische Handeln der Geschäftsführer der Clubs.
E-M / JR: Die DEL2 ist in gewisser Weise sicherlich auch eine Liga in der die Ausbildung junger Spieler für die DEL-Clubs und die zukünftige Nationalmannschaft vorangetrieben werden sollte. Wie sehen Sie in diesem Bereich die Entwicklung der Clubs der DEL2?
Rene Rudorisch: Ich sehe, bezogen auf die letzten Jahre, positive Entwicklungen. Wenn man sich die heutigen Nationalmannschaften, U20 und die Männer, anschaut, so findet man doch mittlerweile einige Namen von Spielern, die in den letzten Jahren auch bei DEL2-Clubs gespielt und hier ihre ersten Profi-Erfahrungen gemacht haben. Neben unserer U24-Vorgabe sehe ich vor allem unsere neuen U21-Förderverträge als sinnvolle Ergänzung, um talentierte Nachwuchsspieler in den Spielbetrieb der zweithöchsten Profi Eishockey Liga zu bringen und gleichzeitig ähnlich einem Ausbildungsvertrag wirtschaftlich abzusichern. Wir versuchen damit gerade diesen Talenten eine gewisse Perspektive zu geben und aufgrund der mindestens zweijährigen Laufzeit auch Zeit, sich in unserem Spielbetrieb zu entwickeln.
E-M / JR: Könnten Sie uns vielleicht nochmals kurz einen Überblick geben, wie die U-Regelungen in der DEL2 zur Saison 2021/2022 sein werden. Gibt es da Veränderungen im Vergleich zur Saison 2020/2021 oder bleiben die bestehenden Regelungen gleich?
Rene Rudorisch: Wir hatten bezüglich der Regelungen in der letzten Saison noch einmal eine Erhöhung, die wir in dieser Saison so fortführen. Insofern sehen unsere Regularien maximal 15 reguläre Lizenzen, darunter 4 Imports, auf dem Spielbericht vor. Die Spieler darüber hinaus müssen mindestens U24 sein. Zudem müssen alle Clubs zu Saisonbeginn mindestens zwei U21-Fördervertragsspieler lizenziert haben. Die Feldspieler Position 18 und 19 auf unserem Spielbericht sind ausschließlich durch diese U21-Spieler zu besetzen.
E-M / JR: In der DEL werden zur Saison 2021/2022 die Stellen für U 23-Spieler auf dem Spielbericht um eine von zwei auf drei erhöht. Durch diese Änderung werden viele junge Spieler aus der DEL2 in die DEL wechseln. Für diese Spieler wird das eine Chance sein, in der DEL Fuß zu fassen. Das ist durchaus ein positiver Ansatz oder wie sehen Sie das?
Rene Rudorisch: Ich sehe darin ebenfalls einen positiven Ansatz und auch den richtigen Weg. Natürlich fehlen uns dadurch in der zweiten Liga talentierte 22- oder 23-jährige Spieler. Diese wollen wir aber versuchen, durch talentierte U21-Spieler zu kompensieren. Insofern entsteht eine Ausbildungspyramide, die mit dem Einstieg in den Profibereich in der DEL2 beginnt und im Alter von spätestens 22 oder 23 Jahren in der DEL ihre Fortführung finden sollte.
E-M / JR: Die Anzahl der erlaubten Stellen für Kontingentspieler in der DEL bleibt unverändert, so dass es für Deutsche Spieler über 23 Jahren erschwert wird, einen Vertrag in der Liga zu bekommen. Wenn die U 23-Stellen auf dem Spielbericht erhöht werden, sollten dann nicht im Zuge dessen die Kontingentstellen reduziert werden? Ansonsten ist es ja so, dass es für die Spieler die dem U 23-Bereich entwachsen sind, zum Nachteil wird. Sehen Sie dieses Problem auch?
Rene Rudorisch: Ich bin überzeugt, dass sich auch jetzt schon junge deutsche Talente in der DEL über das Alter von 23 Jahren hinaus halten können, wenn sie die entsprechende Leistung bringen. Natürlich sollte man zukünftig unterstützend dazu die Anzahl der Importstellen reduzieren. Wichtig ist jedoch auch, dass der Schwung aus dem Sterne-Konzept des DEB im Nachwuchsbereich weiter Früchte trägt und wir die Welle an deutlich mehr Nachwuchsspielern, welche jetzt bis in die U15 hineinreichen, nach oben bringen und damit den Profibereich füttern können. Schließlich müssen wir mit deutschen Spielern fast drei Profiligen in Deutschland, wenn man die Oberliga mit dazu rechnet, füllen. Es wäre verfrüht, wenn man durch die Reduzierung der Imports die jungen deutschen Spieler ausschließlich in die DEL zieht und damit die DEL2 oder die Oberliga altern lässt. Das würde sich wiederum auf die Qualität des Spielbetriebes und damit auch auf das Heranführen von weiteren jungen Spielern in der Qualität negativ auswirken.
E-M / JR: Aktuell wird die Konsequenz dieser angepassten U 23-Regel sein, dass deutsche Spieler über 23 Jahre keinen Vertrag mehr in der DEL bekommen und in die DEL2 wechseln? Vor allem die Spieler des Jahrgangs 1998, die aus dem U 23-Bereich rausfallen, werden davon betroffen sein. Verfehlt man so nicht das Ziel, mehr Deutsche Spieler für die DEL zu entwickeln?
Rene Rudorisch: Das glaube ich aktuell nicht. Zum einen wird jeder junge Spieler bestrebt sein, auch weiterhin in der DEL zu spielen. Bringt er die Qualität mit, werden diese auch einen älteren Deutschen oder aber auch einen 7., 8. oder 9. Import verdrängen. Gerade in der Nationalmannschaft sieht man aktuell sehr gut die Leistungsbereitschaft und auch die Qualität, die diese Spieler mit sich bringen. Diese Erkenntnisse werden sich auch in der DEL durchsetzen. Darüber hinaus muss man ehrlicherweise auch sagen, dass im internationalen Vergleich ein junger Spieler mit 23 schon klar nachweisen muss, ob er die ausreichende Qualität für die Eliteliga hat oder nicht. Die Talente werden international immer jünger und auch diesem Wettbewerb müssen sich unsere jungen Spieler stellen.
E-M / JR: Mit der Gründung der Spielervereinigung SVE gibt es einen Zusammenschluss der Spieler in Deutschland. Wie verläuft die Zusammenarbeit zwischen DEL, DEL2, DEB und Spielervereinigung? Findet da ein regelmäßiger Austausch über wichtige Themen, wie U-Regelungen oder Anzahl der Kontingentstellen statt?
Rene Rudorisch: Wir haben zwar die Gründung dieser Vereinigung verfolgt und schätzen diese inhaltlich im Sinne der Spieler sehr, eine Anfrage oder Wunsch zum gemeinsamen Austausch haben wir jedoch noch nicht erhalten.
E-M / JR: Den Abschluss der diesjährigen Eishockey-Saison bildet wie jedes Jahr die Eishockey Weltmeisterschaft. Auf dem Papier hat die deutsche Nationalmannschaft ein starkes homogenes Team. Was trauen Sie dem Team in diesem Jahr zu?
Rene Rudorisch: Auch die diesjährige Weltmeisterschaft wird ihren eigenen Charakter haben, was man bereits in den ersten Spielen sehen konnte. Die Mannschaft ist ein Team, welches man alles zutrauen kann. Die anderen Nationen sind von vornherein schwer einzuschätzen und gerade die Mischung unseres Nationalkaders mit jungen Talenten gepaart mit Führungsfiguren lässt einiges erhoffen. Vor allem der Auftritt gegen Kanada hat das enorme Potenzial in unserem Team und vor allem die Geschlossenheit und Leidenschaft deutlich gezeigt. Schafft sie es, dies auch weiterhin im Turnier zu zeigen, scheint wirklich alles möglich zu sein. Auf jeden Fall macht es Spaß dem deutschen Team zuzuschauen.
E-M / JR: Herr Rudorisch, vielen Dank dass Sie sich Zeit genommen und unsere Fragen beantwortet haben!
(Jörg Reich)