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München. (JR) Marc Hindelang ist Vizepräsident des Deutschen Eishockey Bundes und zuständig für die Oberligen beim DEB. Wir haben Marc Hindelang ein paar Fragen... DEB-Vizepräsident Marc Hindelang: „Unser Interesse ist es immer, dass so viele deutsche Spieler wie möglich eingesetzt werden“

DEB Vizepräsident Marc Hindelang – © DEB; Mathias Renner/City-Press

München. (JR) Marc Hindelang ist Vizepräsident des Deutschen Eishockey Bundes und zuständig für die Oberligen beim DEB.

Wir haben Marc Hindelang ein paar Fragen zu den Oberligen gestellt. Auch das Thema Erhöhung der Kontingentstellen haben wir dabei angesprochen.

Eishockey-Magazin (EM) / Jörg Reich (JR): Hallo Herr Hindelang, vielen Dank, dass wir Ihnen ein paar Fragen stellen dürfen!
Die Planungen für die Saison 2022/2023 sind in vollem Gange. Sollten alle Teams in der kommenden Saison antreten, wird die Oberliga Süd mit 13 und die Oberliga Nord mit 15 Mannschaften starten. Wie zufrieden wären Sie damit?

Marc Hindelang: Wir sind nur dann zufrieden, wenn alle Kandidaten die Lizenzierung schaffen, schließlich haben sich alle sportlich qualifiziert und eine Nicht-Zulassung wäre zu diesem Zeitpunkt für keine Seite erfreulich.

E-M /J. R.: Eine ungerade Anzahl an Teams ist sicherlich nicht unbedingt der Wunsch des Verbandes und der Clubs. Zwei Oberliga-Staffeln mit jeweils 14 Mannschaften würden sicherlich einiges vereinfachen. Ein vorübergehender Wechsel eines Teams aus der Oberliga Nord in die Oberliga Süd (z.B. Erfurt?) scheint aktuell aber kein Thema zu sein?

Marc Hindelang: Diesen Fehler aus der Vergangenheit, als Höchstadt in den Norden geschoben wurde, was den Verein existenziell gefährdete, wird der DEB nicht wiederholen, das ginge nur freiwillig, also auf Wunsch eines Vereines.

E-M /J. R.: Die Oberliga Süd hat aktuell, wie schon erwähnt, 13 Teams. Durch den Aufstieg des EHC Klostersee ist die Liga im Vergleich zur Vorsaison um ein Team angewachsen. Für die kleineren Clubs in der Liga sicherlich ein wichtiger Aspekt, um mehr Gegner auf Augenhöhe zu haben. Welche Anzahl an Mannschaften streben Sie in den nächsten Jahren für die Oberliga Süd konkret an (12, 14 oder 16)? Gibt es einen „Fahrplan“ wie dieses Ziel erreicht werden soll, bzw. eine konkrete Auf- und Abstiegsregelung mit der Bayernliga (Regionalliga Südwest?) für die nächsten Jahre?

Marc Hindelang: Wir haben festgestellt, dass eine weitere Aufstockung aus mehreren Gründen schwierig ist. Die Regionalligen drohen auszubluten und brauchen ebenfalls den Austausch mit der Oberliga. Dazu ist ein Learning aus der aktuellen Argumentation in Sachen Spielermangel, dass weniger Oberligisten dem sportlichen Niveau wohl besser täten.
Um den Sprung im Süden abzumildern, denken wir gemeinsam mit den Landesverbänden über eine nach Standards des DEB von ihnen geführte Division II der Oberliga Süd mit den besten Teams aus dem BEV und dem EBW nach – das was früher die Regionalliga Süd war. Mit diesem Unterbau von 10 leistungsorientierten Teams könnte man die Lücke schließen und in der Oberliga Süd mit 12 Teams spielen.

60 Spieltage sind für eine dritte Liga dauerhaft schwer darstellbar.

E-M /J. R.: Die Oberliga Nord wird nächste Saison voraussichtlich 15 Teams umfassen. Eine Doppelrunde würde 60 Spieltage bedeuten. Sicherlich für eine Saison machbar, aber dauerhaft? Welche Ligengröße strebt die Oberliga Nord langfristig an? Gibt es dafür einen Fahrplan? Sehen Sie Vereine in den Regionalligen West, Nord oder Ost, die in den nächsten Jahren Oberliga spielen könnten?

Marc Hindelang: Im Norden waren alle Initiativen, einen gemeinsamen Unterbau zu schaffen, leider bisher nicht erfolgreich. Aber auch für die Oberliga Nord gilt: Weniger ist wahrscheinlich mehr. Die Obergrenze für eine Doppelrunde sollten wirklich 14 Teams sein. 60 Spieltage sind für eine dritte Liga dauerhaft schwer darstellbar.

E-M /J. R.: Die Regionalligen West, Nord und Ost wurden in den letzten Jahren teilweise ausgedünnt und haben Probleme genügend Mannschaften zu bekommen. In wie weit fühlt sich der DEB zuständig, für diese Clubs eine gemeinsame Lösung zu finden und damit auch den Unterbau der Oberliga Nord zu stärken und wie laufen hier die Gespräche mit den Landesverbänden?

Marc Hindelang: Siehe oben. Die Idee gibt es auch hier, aber den Vereinen ist es teilweise schon zu viel, 200 Kilometer zu einem Auswärtsspiel zu fahren. Natürlich wäre die Idee der „Zwischenliga“ hier noch hilfreicher – aber ohne eine ausreichende Anzahl an Vereinen schwer zu realisieren, was nicht heißt, dass wir die Idee zumindest einer überregionalen Aufstiegsrunde oder Relegation aufgeben.

E-M /J. R.: Zur kommenden Saison gab es mit der Erhöhung der Anzahl der Kontingentstellen von zwei auf drei eine doch etwas überraschende Entscheidung. Wie kam es dazu?

Marc Hindelang: Es war eine Initiative der Mehrheit der Vereine. Letztlich ging es für uns um Schadenbegrenzung und ein Agreement, dass es perspektivisch nicht noch mehr werden. Man stelle sich vor, wir hätten kein Agreement erreicht und Klubs würden Importspieler einsetzen wie sie lustig sind. Das wäre das totale Chaos.

E-M /J. R.: Eine Erhöhung der Kontingentstellen bedeutet aber eigentlich auch, dass viele Clubs einen weiteren ausländischen Profispieler mehr verpflichten werden. Ist das im Interesse des Deutschen Eishockeybundes?

Marc Hindelang: Unser Interesse ist es immer, dass so viele deutsche Spieler wie möglich eingesetzt werden. Bei manchen Klubs fällt dieser eine Spieler gar nicht ins Gewicht, da sie selten mit 22 Spielern antreten. Auch das ist eine Realität in der Oberliga.

E-M /J. R.: Sie haben argumentiert, dass aufgrund der geringen Anzahl an deutschen Spielern und hohen Preisen der Spieler in der Oberliga ein zusätzlicher Importspieler dort Entspannung bringen würde? Wie soll das praktisch aussehen?

Marc Hindelang: Der Markt ist aus vielen Gründen leer. Ob das nun an zu vielen Mannschaften liegt, am Horten junger Spieler bei höherklassigen Vereinen oder der nicht optimalen Verteilung der Gehälter, sei dahingestellt. Deshalb sagen die Vereine, sie wollen den Kader mit einem „billigen“ Spieler, der gut ausgebildet ist, ergänzen.

Moritz Seider wurde von Detroit bewusst außerhalb der NHL aufgebaut, obwohl er schon die Reife zu Einsätzen dort gehabt hätte.

E-M /J. R.: Die Oberliga hat in den letzten Jahren im Bereich der Entwicklung der jungen deutschen Spieler eine gute Entwicklung genommen – dies sieht u.a. auch Charly Fliegauf so, welcher die Erhöhung der Ausländer in der dritten Liga für nicht sinnvoll erachtet. Was entgegnen Sie ihm?

Marc Hindelang: Ich halte es nicht für zielführend, wenn öffentliche Kritik aus einer Liga kommt, in der oft mehr als die Hälfte der Spieler auf dem Spielberichtsbogen nicht in Deutschland ausgebildet wurden. Sonst könnten man ja auch sagen, streicht doch endlich mal den überflüssigen 9. Import, da ihr ja wirklich gute Konzepte habt, um junge Spieler einzubauen. Mich hat auch die öffentliche Kritik vom Vorsitzenden des Nachwuchsausschusses des DEB verwundert, der ja selbst auch acht Jahre lang Konzepte zum vermehrten Einbau junger Spieler in der Oberliga hätte anstoßen können, dies aber nicht tat. Will heißen: Mit dem Finger auf andere zu zeigen, bringt keinen weiter, wir müssen zusammenarbeiten.
Dazu gehört auch, dass Förderlizenzspieler in entscheidenden Saisonphasen nicht als Absicherung in den höheren Ligen auf der Tribüne sitzen oder mit 4 Minuten Eiszeit abgespeist werden, sondern weiter beim Kooperationspartner in der Oberliga eingesetzt werden.
Ein Beispiel: Moritz Seider wurde von Detroit bewusst außerhalb der NHL aufgebaut, obwohl er schon die Reife zu Einsätzen dort gehabt hätte. Man hat ihm aber lieber die vermehrte Eiszeit in verantwortlichen Situationen gegeben, damit er sich besser entwickeln kann. Das Ergebnis ist bekannt. Weil man einem Plan gefolgt ist. Wie lautet also der Plan bei uns?

E-M /J. R.: Sehen Sie nicht die Gefahr, dass es nicht bei der „einmaligen“ Testphase mit drei Importspielern bleiben könnte?

Marc Hindelang: Die Gefahr ist definitiv gegeben, wenn wir nicht dagegensteuern. Wir wollen auf jeden Fall wieder auf zwei zurückgehen.

E-M /J. R.: Der Jahrgang 2002 ist sowohl in der Spitze als auch in der Breite der stärkste Jahrgang im Deutschen Eishockey vielleicht jemals. Dieser Jahrgang spült zur Spielzeit 2022/2023 viele Spieler aus dem Nachwuchsbereich in die Ligen, auch in die Oberligen. Trotz dieser Fülle an jungen Spielern, die nachkommen, soll es ein Mangel an Deutschen Spielern geben. Wie passt dies zusammen?

Marc Hindelang: Wir werden einige Spieler aus diesem Jahrgang in der Oberliga sehen, obwohl die U-Regelungen in DEL und DEL2 den Rahm abschöpfen. Ein Problem ist leider auch hier, dass zum Teil unrealistische Einstiegsgehälter gefordert werden. Natürlich haben die Vereine die Verpflichtung, junge Spieler nicht als billige Arbeitskräfte zu missbrauchen, aber die Berater sollten andererseits sehen, welchen Vorteil ihr Spieler mit viel Eiszeit hätte und realistische Gehälter fordern.

E-M /J. R.: Ca. ein Drittel aller Oberligisten versucht aktuell, mit aller Macht in die DEL2 zu gelangen. Dabei werden enorme Gehälter für Spieler bezahlt und die Ansprüche steigen immer mehr. Ist es vielleicht nicht eher so, dass einige Clubs den schnellen Erfolg möchten und dabei nicht bereit sind, überwiegend auf junge Spieler zu setzen?

Marc Hindelang: Dem kann ich leider nicht widersprechen. Die Vergangenheit zeigt aber, dass am Ende meistens der aufsteigt, der eine gewachsene Struktur und genug junge Spieler für einen vollen Kader hat und deshalb mit vier Reihen spielt.

(L-R) Vizepräsident Marc Hindelang, neuer DEB Präsident Peter Merten, Vizepräsident Hauke Hasselbrink und Vizepräsident Andreas Niederberger – © DEB / City-Press


E-M /J. R.: Wie definieren Sie die Oberliga? Ist die Oberliga eine Profiliga oder ist sie eine Ausbildungsliga für junge Deutsche Spieler sein?

Marc Hindelang: Jede Liga außerhalb der NHL ist eine Ausbildungsliga, selbst – siehe Moritz Seider – die Schwedische. Und jeder junge Mensch, der in einen Beruf einsteigt, ist ein Auszubildender. Ich weiß nicht warum manche mit dem Begriff Probleme haben als würde man ihnen die Ehre abschneiden. Aber ja, die Oberliga ist eine Profiliga, in der man sehr gut junge Spieler ausbilden kann, wenn man es möchte – und das zu tun wäre definitiv schlauer. Ob diese Spieler für die erste, zweite oder dritte Liga dort ausgebildet werden, liegt an ihrem Talent, ihrem Willen und der Qualität der Förderung. Aber ohne Ausbildung kommt kein Mensch in keinem Job weiter – und auch kein Unternehmen ohne selbst auszubilden.

E-M /J. R.: In welche Richtung geht die Oberliga in den nächsten Jahren oder wird es eventuell Überlegungen geben müssen, Profi- und Amateurbereich zu trennen und dies eventuell über eine dritte Profiliga oder eine zweigeteilte DEL2 zu tun?

Marc Hindelang: Ich kann nicht für die DEL 2 sprechen, aber ich kann mir nur ganz schwer vorstellen, dass man ein funktionierendes System einer sich so positiv entwickelnden Liga auflöst. Schon jetzt sagen wir ja, dass die Spielerdecke zu dünn ist und der Sprung von Oberliga in die DEL2 groß, wie man jedes Jahr sieht. Warum sollte man dann das Niveau künstlich verwässern? Denn das wäre ja die Folge, wenn man einfach mal, sagen wir sechs Teams nach oben schickt. Ich verstehe die Sehnsucht mancher Vereine nach der DEL2, aber es gibt ja Gründe dafür, warum man dritte Liga ist. Man sollte das annehmen und daran mitarbeiten, die Liga zu stärken, anstatt sich das Etikett zweite Liga zu holen ohne aber besser zu werden.
Eine eingleisige dritte Liga hat aber in der Vergangenheit aus Kostengründen schon nicht funktioniert, den Gegenbeweis, dass das jetzt dauerhaft ginge, hat aktuell noch keiner geliefert.
Verband und Vereine müssen gemeinsam dafür Sorge tragen, dass die Oberliga von ihrem Auftreten her professioneller und damit attraktiver wird. Gerade in der Öffentlichkeitsarbeit und Vermarktung gibt es hier Möglichkeiten. Die Ziele sind identifiziert, der Weg dorthin auch. Die Potenziale mit zahlreichen Traditionsvereinen aber auch interessanten Newcomern und wirtschafts- sowie publikumsträchtigen Standorten liegen auf der Hand.

E-M /J. R.: Wie sehen Sie insgesamt die Vereinsstruktur in Deutschland – wie viele Vereine sehen Sie in einer Struktur mit 1.,2. Und 3. Liga ?

Marc Hindelang: Zwei bis vier weniger als jetzt. Diese dafür in einem Unterbau, der Entwicklungen zulässt, sollten bei wieder höherem Forcieren der Nachwuchsarbeit für ein stabiles Ligensystem sorgen.

E-M /J. R.: Herr Hindelang, vielen Dank für die Beantwortung dieser Fragen

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