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Iserlohn. (MK/MS) Seit Freitag ist es also amtlich: Die Iserlohn Roosters verbleiben durch den geschafften Klassenerhalt in der DEL, verpassen aber auch vorzeitig den... Bei den Iserlohn Roosters steht nach der extrem schwierigen Spielzeit 22/23 ein großer Umbruch bevor

Iserlohn Roosters – © Sportfoto-Sale (JB)

Iserlohn. (MK/MS) Seit Freitag ist es also amtlich: Die Iserlohn Roosters verbleiben durch den geschafften Klassenerhalt in der DEL, verpassen aber auch vorzeitig den Sprung in die Playoffs und werden die Saison im „Tabellen-Niemandsland“ beenden.

Der vorzeitig geschaffte Klassenerhalt nach 50 Spielen ist in Anbetracht des katastrophalen Starts durchaus ein Erfolg. Zu mehr hat es aber nicht gereicht und es bleiben somit sehr viele Fragezeichen nach dem vorzeitigen Saisonende.

Die Saison 22/23 an dieser Stelle noch einmal komplett Revue passieren zu lassen, würde den Rahmen sprengen. Nach zehn absolvierten Spielen standen die Roosters mit acht mickrigen Punkten auf dem letzten Platz. Headcoach Kurt Kleinendorst räumte im Oktober seinen Posten. Greg Poss kehrte nach zwanzig Jahren zurück und schaffte es Step by Step, aber auch mit immer wiederkehrenden Rückschlägen das Team zum Klassenerhalt zu führen. Der von ihm immer wieder angemahnte Lernprozess blieb zu oft aus.

Joe Whitney – © Sportfoto-Sale (JB)


Viele personelle Rückschläge im Sommer und ein schwieriger Spielermarkt

Fakt ist, dass die im Sommer 2022 eigentlich fest eingeplanten Spieler wie Joe Whitney, Colin Smith, Maegaard Scheel und Brent Aubin erst gar nicht in Iserlohn aufliefen oder kurz vor Saisonbeginn schon wieder Geschichte waren. Nicht zu vergessen ist der Ende Juni aufgelöste Vertrag mit Verteidiger Simon Sezemsky. Ein Missverständnis von beiden Seiten, wie man wohl im Nachhinein sagen muss. Insbesondere Joe Whitney (90 Spiele, 85 Punkte) konnte nie adäquat ersetzt werden. Der Transfermarkt gestaltete sich unter anderem durch die Erhöhung der Importlizenzen in der Schweiz und durch die politische Lage schwierig. Nicht nur in Iserlohn erlag man der Fehleinschätzung, dass die russische KHL kein erstrebenswertes Ziel mehr für Spieler aus Nordamerika ist. Getreu dem Motto „Money Talks“ wechselten doch wesentlich mehr Spieler aus dem „Westen“ in die KHL oder verblieben dort, als so manch erfahrener Eishockeymanager in den europäischen Ligen ursprünglich glauben wollte.

Ohne die erforderlichen Grundlagen keine großen Entwicklungsschritte

Es ist zu hinterfragen, ob das Trainingslager in Kitzbühel Anfang August wirklich geholfen hat die Grundlagen für eine lange und kräftezehrende Saison zu schaffen. Das seinerzeit oftmals gelobte Teambuilding mag die eine Seite sein. Schweißtreibende Trainingstage gehören aber zweifelsfrei auch dazu, um die Grundlagen in einer Mannschaft zu schaffen, damit sie dann auch im Laufe der weiteren Vorbereitung und der Saison die nächsten Entwicklungsschritte gemeinsam gehen kann. Der Blick in den Rückspiegel lässt Zweifel aufkommen, ob im Frühjahr und ab August auch auf dem Eis alle Grundlagen für eine erfolgreiche Saison geschaffen wurden. Es wäre zu einfach hier nur den ehemaligen Headcoach Kurt Kleinendorst als Hauptverantwortlichen zu sehen.
So lässt sich eventuell auch erklären, dass die zum Teil auch sehr spät nachverpflichteten Spieler der Mannschaft kaum Impulse in die richtige Richtung geben konnten. Emile Poirier benötigte einige Anlaufzeit, konnte aber zumindest mit seiner Punktausbeute überzeugen. Eine gewisse Eigensinnigkeit kann man ihm allerdings nicht absprechen. Chris Bigras kam aus der KHL zu den Roosters. Die spielerischen Impulse waren überschaubar und zuletzt leistete auch er sich einige Defensivpatzer. Toto Rech kam aus der finnischen Liiga (Turku) und konnte nie an seine Leistungen aus Schwenninger und Wolfsburger Zeiten anknüpfen. Valentin Busch war mehr Tribünengast als Spieler auf dem Eis und konnte sich nie fest im Line-up etablieren. Lean Bergmann, der per Leihe von den Adlern Mannheim bis Ende Dezember an den Seilersee zurückgekehrt war, benötigte nach seiner überstandenen Herzmuskelkrankheit und einer damit einhergehenden sehr langen Spielpause etwas Anlaufzeit, war aber zumindest immer ein Aktivposten.

Blick auf die Mannschaftsteile

Im Tor hatten die Roosters mit Andreas Jenike und Hannibal Weitzmann ein rein deutsches Torwartduo. Weitzmann lief Jenike zwischenzeitlich sogar den Rang der Nummer 1A ab. Insgesamt beide mit Licht und Schatten in einer für alle schwierigen Saison. Jonas Neffin, der mit einer Förderlizenz in der DEL2 für Dresden zum Einsatz kam, sprang im Februar mehrfach in die Bresche und konnte durchaus gefallen. Trotz allem: Im Tor hatten die Iserlohner die kleinste Baustelle in der Saison 22/23.

In der Abwehr blieben Acolatse, Ankert, Buschmann, Elten, Labrie, O´Connor und Rausch aus der Vorsaison erhalten. Bender, Bigras und Ugbekile kamen neu hinzu. Sena Acolatse fand sich im Saisonverlauf im Sturm wieder oder zum Teil auch überzählig auf der Tribüne. Erik Buschmann fand erst im Laufe der Saison Berücksichtigung, machte seine Sache dann aber insgesamt sehr ordentlich. Colin Ugbekile konnte die Chance in Iserlohn nutzen und wurde sogar für den Deutschland Cup nominiert. Alle anderen Stammkräfte agierten leider nicht konstant und offenbarten immer wieder Fehler im Defensivverhalten. Seine Chance genutzt hat Maxim Rausch, der nach seiner Leihe im Februar aus Crimmitschau (DEL2) zurückkam und frech und unbekümmert aufspielte. Eigengewächs Nils Elten kam ebenfalls zu Kurzeinsätzen.

Maciej Rutkowski – © Sportfoto-Sale (JB)

Defensivarbeit beginnt nicht erst in der Abwehr, sondern auch bei den Stürmern. Und so sind einige Angreifer auch sicherlich sehr differenziert zu betrachten. Allen voran der „Königstransfer“ Kaspars Daugavins. Der erfahrene Lette (34) hat als Topscorer durchaus etwas vorzuweisen. Defensivarbeit ist allerdings nicht seine bevorzugte Disziplin. Trotz seiner hervorragenden Laufwege und seines Torriechers tauchte der Lette zu häufig über oft die Hälfte des Spiels ab. Eric Cornel strahlt Torgefahr aus, kann aber auch nach hinten arbeiten. Die Qualitäten eines Casey Bailey sind bestens bekannt, wenngleich er im Laufe der Saison immer mehr seinen Torriecher verlor und auf (zu) vielen verschiedenen Positionen „ausprobiert“ wurde. Sein starker Schuss wurde als „Waffe“ viel zu selten von den Mitspielern eingesetzt. Rückkehrer Chris Brown, der vor der Saison noch für seine harte, kompromisslose Spielweise gelobt wurde, blieb auch zu oft einiges schuldig. Sven Ziegler und Eugen Alanov, als Vertreter der erfahreneren deutschen Spieler, konnten insgesamt ihre Rollen positiv ausfüllen. Einen schwereren Stand hatte dagegen Sebastian Streu, der sich auch manchmal überzählig auf der Tribüne wiederfand. Bei Brent Raedeke weiß man indes seit Jahren, dass man mit ihm kein Topscorer-Paket im Team hat. Kris Foucault fiel den größten Teil der Saison mit einer schweren Gehirnerschütterung aus. Sein vorzeitiges Karriereende ist nicht ausgeschlossen.

Einen hoffnungsvollen Stamm hatten die Roosters insgesamt mit den „jungen Wilden“ wie Maciej Rutkowski, John Broda, Yannick Proske, Maxim Rausch, Nils Elten, Leonhard Korus, Lukas Jung und Lennard Nieleck. Vor allem Rutkowski kann man in diesem Sektor als die Entdeckung der Saison bezeichnen. Er rechtfertigte die ihm geschenkte Eiszeit mit Leistung und im Saisonverlauf auch mit Toren.
Ohne die erforderliche Durchschlagskraft und ohne die Kreativität eines Kris Foucault blieb die Offensive in dieser Saison eine Dauerbaustelle.

Ausblick: Guter Stamm an jungen Talenten – Großer Umbruch des Kaders steht bevor

Spannend wird es zu beobachten sein, wie Sportchef Christian Hommel und Headcoach Greg Poss das neue Team 23/24 aufbauen wollen. Die Tendenz dürfte wohl in Richtung Radikalschnitt gehen. Das jüngste Interview von Christian Hommel auf der Homepage der Roosters deutet mehr als deutlich auf einen großen Umbruch hin. Ein nachvollziehbarer Schnitt, da viele Spieler nie die in sie gesteckten Erwartungen erfüllen konnten. Da das Gerüst an jungen deutschen Spielern gut aufgestellt scheint, dürfte man vor allem auf den Importstellen ordentlich nachjustieren. Aus dem aktuellen Kader ist im Grunde jeder nach den gezeigten Leistungen ersetzbar. Und so könnte auch der eine oder andere „gesetzte“ Spieler durchs Raster fallen. Vertragsauflösungen erscheinen daher auch nicht völlig ausgeschlossen. Unzufriedene Spieler helfen nicht weiter, wenn sie schon mit einem mit Frust gefüllten Rucksack im August die neue Saison versuchen anzugehen. Neben der Bildung des neuen Kaders wird es interessant sein zu beobachten, wie man die Vorbereitung auf die neue Saison angehen wird.

Diese Spieler stehen offiziell für die kommende Saison unter Vertrag:
Tor:
Andreas Jenike, Jonas Neffin
Abwehr: Ryan O´Connor, Colin Ugbekile, Lukas Jung, Leonhard Korus
Angriff: John Broda, Eric Cornel, Yannick Proske, Sven Ziegler
Trainer Greg Poss

Gerüchtet: Kevin Reich vom ERC Ingolstadt – © Florian Pohl/City-Press


Öffentlich nicht klar kommuniziert wurden die Vertragslaufzeiten von Sebastian Streu, Maxim Rausch (mehrjähriger Vertrag 2021), Nils Elten, Lennard Nieleck, Casey Bailey und Tim Bender. Sie sollen auch über offiziell nicht bestätigte Optionen für die kommende Spielzeit verfügen. Klarheit wird man hierzu sicherlich nach den Abschlussgesprächen am Seilersee erfahren.

Kommt Kevin Reich zurück? Greg Poss spricht von einem gemeinsamen Lebenswerk

Sicher scheint der Wechsel von Hannibal Weitzmann nach Wolfsburg. Mehr als ein Gerücht dürfte auch die Verpflichtung von Torwart Kevin Reich (Ingolstadt) sein. Laut Greg Poss soll das Trainerteam zusammenbleiben. Außerdem bekomme man ein paar gute deutsche Spieler. Ob die im Umfeld des Klubs genannten Namen Jentzsch und Bergmann realistisch oder doch nur Wunschdenken sind? Unklar! Positiv ist auf jeden Fall, dass die wirtschaftlich schwer gebeutelte Region Südwestfalen weiterhin zu ihrem sportlichen Aushängeschild steht. Das Marketing der Roosters scheint gut aufgestellt und mit viel Professionalität und Herzblut hat man die für alle sehr herausfordernde Corona-Zeit mehr als ordentlich gemeistert.

Im Laufe der zweiten März-Woche dürfte man nach den Abschlussgesprächen zwischen sportlicher Leistung und Spielern Konkreteres zum zukünftigen Kader erfahren. Musste man am Seilersee in früheren Jahren bittere Absagen von Leistungsträgern immer wieder schlucken, so wird man in diesem Jahr offenkundig von sich aus wenig Wert auf die Dienste einiger Akteure legen.

V. l.: Klubchef Wolfgang Brück, Headcoach Greg Poss und Sportchef Christian Hommel – © Sportfoto-Sale (MK)


Rund um den Seilersee ist die Stimmung bei den Anhängern nach dieser äußerst schwierigen Saison im Keller. Eine kritische Aufarbeitung sollte in jedem Fall stattfinden. Die vor der Saison von Klubchef Wolfgang Brück gewünschte Rückkehr zur lautstarken Atmosphäre war nach der Corona-Zeit über weite Strecken der Saison gegeben. Ein reines Umrüsten des Kaders wird nicht helfen die Risse im Verhältnis zu den Anhängern zu kitten. Eine lautstarke Halle ist in Iserlohn mehr als anderswo ein Baustein zu einer erfolgreichen Spielzeit. Mit in der Saison 23/24 dann wieder 14 Teams und einem Absteiger kann das allererste Ziel der Roosters erneut nur heißen, dass man den Klassenerhalt so früh wie möglich in trockene Tücher bringt. Darüber hinaus darf es gerne mehr sein. Iserlohns Fans lechzen nach endlich wieder einmal erfolgreichen Playoffs. Mit Greg Poss hat man nun wieder einen Headcoach mit sehr großer Beliebtheit bei den Zuschauern. Gemeinsam mit Wolfgang Brück, Christian Hommel und Karsten Mende wollen sie die Roosters in ein sicheres Fahrwasser bringen. Greg Poss sprach sogar von einem gemeinsamen Lebenswerk. Er allein wird es aber nicht richten können. Alle, die Organisation, das Trainerteam, die Mannschaft, die Fans und nicht zuletzt auch die Kommune, müssen dazu an einem Strang ziehen und erkennen, welche Möglichkeiten dieser lebendige Standort hat. Es gilt Iserlohn nicht nur für die nächste Saison neu aufzustellen, sondern auch für die kommenden Jahre zu rüsten.


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