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Entpuppt sich das Fünf-Sterne-Programm als „Standortkiller? München. (MK) Landauf, landab überall das gleiche Bild. In Zeiten knapper öffentlicher Kassen haben es Sportarten, die nicht... Abrissbagger statt Modernisierung: Immer mehr Eissporthallen kämpfen ums Ãœberleben

Entpuppt sich das Fünf-Sterne-Programm als „Standortkiller?

Eissporthallen

Die Zukunft der Hammer Eissporthalle hing lange Zeit am seidenen Faden – © by Eh.-Mag. (MK)

München. (MK) Landauf, landab überall das gleiche Bild. In Zeiten knapper öffentlicher Kassen haben es Sportarten, die nicht Fußball heißen oder mehr als eine herkömmliche Turnhalle mit nur wenigen Zuschauerplätzen benötigen, schwer eine moderne Spielstätte vorzufinden, die ihnen für mehrere Jahre Planungssicherheit gibt. Eishockey ist da schon lange keine Ausnahme mehr.

In den letzten Jahren standen an vielen Standorten Eissporthallen kurz vor der Aufgabe, weil die maroden Hallen einfach zu teuer waren, um sie mit neuen Kühlanlagen bzw. modernerer Technik auszustatten. Lieber schließen, als in ein Millionengrab investieren lautete vielerorts die Marschroute. Wilhelmshaven, Trier, Unna, Herne, Viernheim, Hamm, Regen Nordhorn, Münster, Bergkamen … Die Liste der von Schließung bedrohten Hallen ließe sich vermutlich noch deutlich verlängern. Es handelt sich hier allesamt um Standorte mit Eissporthallen, in denen in erster Linie Breitensport und Eishockey auf meistens gehobenem Amateurniveau betrieben wurde. Nicht überall ging der Existenzkampf um den Erhalt der Hallen gut aus. In Wilhelmshaven steht schon lange keine Eissporthalle mehr. Im Sommer 2008 rückten die Bagger an, um die Eishalle neben dem Freibad „Nautimo“ für damals 200.000 Euro Abrisskosten dem Erdboden gleichzumachen. Das war damals aus Sicht der Kommune schon billiger, als nur einen Euro in den Erhalt der Halle zu investieren. In Nordhorn, wo immerhin jahrelang Oberligaeishockey angeboten wurde, kämpft eine Bürgerinitiative um den Erhalt der Halle. Im März soll in einer Kreistagssitzung eine Entscheidung getroffen werden. Im westfälischen Münster entstehen demnächst auf dem ehemaligen Eishallengelände Wohnanlagen. Eine neue Eishalle ist nicht geplant. Bis zu 100.000 Schlittschuhläufer schnürten dort pro Saison die Schlittschuhe. Und in Bergkamen, jahrelang eine Hochburg im Dameneishockey und auch im Sledgeeishockey, konnte man durch ein neues Betreiberkonsortium den Abriss noch so gerade abwenden.

Seit Jahren zieht sich der rote Faden von möglichen Hallenschließungen also durch die Republik. Oftmals betrifft es Orte, wo kein Profieishockey betrieben wird. In der jüngeren Vergangenheit hat sich das etwas geändert.

Rückblende: Der Deutsche Eishockey Bund (DEB) hat in Kooperation mit der Deutschen Eishockey Liga (DEL) 2015 das Förderprogramm „Powerplay 26“ ins Leben gerufen, um Kräfte zu bündeln. Hierbei werden unter anderem Nachwuchsklubs und deren Spielstätten einer Bewertung unterzogen. Das sogenannte „Fünf-Sterne-Programm“ zertifiziert die Nachwuchsarbeit in den Klubs. Gleichzeitig hat man die Aktion „Eisflächen für Deutschland“ ins Leben gerufen. Damit möchte man den Bau von kleinen Eishallen und Trainingsflächen vorantreiben. Das „Fünf-Sterne-Programm“ wurde von einer breiten Mehrheit ins Leben gerufen und unterstützt.

Nun allerdings ziehen an einigen Standorten mit Profieishockey dunkle Wolken auf. Insbesondere dort, wo man aufgrund beschränkter finanzieller Mittel die Standards an Trainingszeiten, Trainern, Kabinen und Eisflächen nicht „mit links“ gestemmt bekommt. Klubs, die die Kriterien nicht erfüllen, werden zu sehr hohen Strafzahlungen verdonnert.

Beispiel Krefeld: Krefeld verfügt über drei Hallen. Den KönigPalast, als Spielstätte für das DEL Team. Direkt auf der gegenüberliegenden Straßenseite befindet sich die Rheinlandhalle mit der Nebenhalle (Werner Rittberger Halle). Und da die Nachwuchsförderung in Krefeld gut aufgestellt ist, bekam der KEV alle fünf Sterne verliehen. Seit Spätsommer sind die Sterne aber in Gefahr. Die 1963 erbaute Werner Rittberger Halle wurde aufgrund von Problemen mit der Ammoniak-Kälteanlage geschlossen. Die „alte Dame“, wie der Krefelder liebevoll die Rheinlandhalle nennt, ist – höflich ausgedrückt – ebenfalls in die Jahre gekommen. So ist der Tribünenbereich „Obere West“ für Zuschauer schon länger gesperrt. Krefeld droht vor allem durch die gesperrte Werner Rittberger Halle der Verlust aller fünf Sterne. Durch die dann drohenden Strafzahlungen ist die DEL-Lizenz massiv in Gefahr!

Eissporthalle Iserlohn

Dunkle Wolken über der Eissporthalle Iserlohn? – © by Eh.-Mag. (MK)

Beispiel Iserlohn: In Iserlohn gibt es lediglich die gute alte Eissporthalle am Seilersee. Eine Halle, die über Jahre in mehreren Stufen, auch durch die öffentliche Hand mitfinanziert, ausgebaut und zu einem kleinen Schmuckkästchen wurde. Eiszeiten sind hier generell traditionell knapp. Etliche Hobbyvereine haben deshalb schon in den letzten Jahren die Segel gestrichen. Der Nachwuchs, die Young Roosters, trägt zum Teil Spiele im 24 Kilometer entfernten Unna aus. In Eigenregie haben die Young Roosters im letzten Sommer ihren Kabinentrakt modernisiert und ausgebaut. Knackpunkt für die Roosters ist, dass die Nutzung der Eissporthalle in Unna keine Berücksichtigung bei der Zertifizierung findet. Laut Klubchef Wolfgang Brück würde auch eine weitere Beschneidung von öffentlichen Laufzeiten nicht helfen. Um den gestiegenen Anforderungen zu entsprechen benötigen die Roosters aus ihrer Sicht eine zweite Eisfläche. Ansonsten droht auch hier aufgrund der fehlenden Zertifizierung eine massive Strafzahlung, die Brück sehr plakativ preislich mit einer zweiten Sturmreihe in der DEL gleichsetzt. Eine Machbarkeitsstudie ergab, dass eine zweite Eisfläche hinter der Halle baulich möglich wäre. Danach lag das Thema zunächst sprichwörtlich auf Eis. Durch die fristgerechte Kündigung des Mietvertrages der Eissporthalle durch die Roosters und einigen „Kontakten“ hinter den Kulissen kommt nun politisch wieder etwas Bewegung in das Thema. Ausgang derzeit offen. Zumindest mittelfristig droht den Roosters, ähnlich wie in Krefeld, ohne Erfüllung der Auflagen der Verlust der DEL Lizenz.
In der Waldstadt selbst gab es in den letzten Wochen durchaus Anregungen, wie eine ganzjährig genutzte zweite Eisfläche auch wirtschaftlich kostendeckend sein könnte. Angeregt wurde beispielsweise, dass Iserlohn sich als Landesstützpunkt im Sledgehockey bewirbt. Hier würden Fördergelder zur Unterstützung winken. Ebenso sollen nationale und internationale Teams Iserlohn als Ort für ihre Trainingslager entdecken. Neben der vorhandenen Infrastruktur der Eishalle bieten zwei fußläufige Hotels, das angrenzende Seilerseestadion, das Leichtathletikstadion am Hemberg, ein Schwimmbad vor der Eishalle, der Seilerwald und nicht zuletzt auch die gute Verkehrsanbindung viele attraktive Punkte.
Ob das freilich die Fraktionen im Stadtrat der Stadt Iserlohn und ihre Tochter, die Bädergesellschaft als Hallenbetreiber, auch so sieht? Die kommenden Wochen werden hier sicherlich interessant und spannend zugleich.

Anhand der aktuellen Beispiele Krefeld und Iserlohn darf aber ebenso die umgekehrte Frage an den DEB gestellt werden, ob die strenge Zertifizierung einige Standorte nicht doch unnötig in Gefahr bringt? Es kann sicherlich nicht im Sinne des Erfinders sein, dass ein Standort von der DEL-Landkarte verschwindet, weil unter anderem Nachwuchs-Eiszeiten in der Nachbarstadt nicht in die Bewertung einfließen.

Die geschilderten Probleme lassen zugleich andere DEL Klubs aufhorchen. In Straubing, Bremerhaven und Wolfsburg verfügt man ebenfalls über keine zweite Eisfläche. Auch hier droht Ungemach. Im niederbayerischen Straubing hat der Stadtrat zwar klar für den Bau einer zweiten Eisfläche gestimmt, aber ein Investor ist dafür nach wie vor nicht gefunden. Hannes Süß vom Stammverein EHC Straubing dazu gegenüber Idowa Ende Oktober: „Wenn die zweite Eisfläche nicht kommt, haben wir bald kein Eishockey mehr in Straubing.“ Die Stadtspitze soll sich nun auf sanften Druck endlich zu einer Lösung durchringen.
Beim Neuling in Bremerhaven sah man sich bislang mit der 2011 in Betrieb gegangenen EisArena gut aufgestellt. Der Einstieg in die DEL wirft nun aber ebenfalls das Thema zweite Eisfläche zwangsläufig auf.

Im Gegensatz dazu gibt es aber auch die anderen Standorte, wo diese Frage längst gelöst ist. In der NRW Landeshauptstadt Düsseldorf hat man beispielsweise jahrelang um die zweite Eisbahn neben dem alten Stadion an der Brehmstraße gekämpft. Seit 2004 hat die einst offene Fläche, die über Jahre nur als PKW Abstellplatz benutzt wurde, sogar ein Dach über dem Kopf. Und in Mannheim denkt man aktuell sogar sehr konkret über die vierte Eisfläche auf dem Gelände der SAP Arena nach.

In den führenden europäischen Eishockeynationen wurden die Standards für Infrastruktur, Nachwuchsförderung, sowie Traineraus –und Weiterbildungen längst weiterentwickelt. Der DEB hinkt in fast allen Bereichen hinterher und versucht mit den aufgelegten Programmen einige Schritte aufzuholen. Hierzulande entscheiden – zum Teil sehr aktuell – viele Kommunen darüber, wie die Eishockeylandkarte Deutschlands in Zukunft aussehen wird. Es ist zu befürchten, dass – wie anfangs beschrieben – weitere Eissporthallen aufgrund von zu teuren Renovierungskosten ersatzlos geschlossen und abgerissen werden. Die vom DEB seit Jahren angestrebte Erhöhung der Anzahl von Nachwuchsspielern wäre, trotz aller Anstrengungen Kindergärten und Grundschulen an den Eissport heranzuführen, so nur schwer zu erreichen. Die ohnehin nur regional boomende Randsportart Eishockey könnte weiter ausgedünnt werden. Top-Eishockey im Senioren –und Nachwuchseishockey würde dann bis auf einige Ausnahmen nur noch an von Mäzenen geförderten Standorten stattfinden. Es wird interessant zu beobachten, wie viele Kommunen sich unter Berücksichtigung aller anderen Probleme doch für den Eissport entscheiden werden und ob das „Fünf-Sterne-Programm“ wirklich förderlich ist.

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